Wenn sich eine Bank in einem formularmäßigen Kreditvertrag einseitig eine Zinsänderung vorbehält, so ist eine derartige Klausel grundsätzlich dahin auszulegen, daß sie lediglich eine Anpassung (Erhöhung oder Senkung) des Vertragszinses an kapitalmarktbedingte Änderungen der Refinanzierungskonditionen der Bank gem. § 315 BGB ermöglicht. Eine solche Klausel hält der Inhaltskontrolle nach § 9 AGB-Gesetz stand.

 

 

Dieses Urteil als PDF

 

 

 

 
 
BGH Karlsruhe, Urteil vom 06.03.1986, AZ III ZR 195/84, NJW 1986, 1803Aktenzeichen: III ZR 195/84

 

 

Wenn sich eine Bank in einem formularmäßigen Kreditvertrag einseitig
eine Zinsänderung vorbehält, so ist eine derartige Klausel grundsätzlich dahin
auszulegen, daß sie lediglich eine Anpassung (Erhöhung oder Senkung) des
Vertragszinses an kapitalmarktbedingte Änderungen der
Refinanzierungskonditionen der Bank gem. § 315 BGB ermöglicht. Eine
solche Klausel hält der Inhaltskontrolle nach § 9 AGB-Gesetz stand.

Der Kl., ein Bauunternehmer, hat seit 1976 mit der bekl. Bank mehrere Kreditverträge
abgeschlossen. Er unterhielt bei ihr auch mehrere Konten. Der Kl. nahm im Jahre 1976 bei
der Bekl. zwei Darlehen über 80000 DM und 100000 DM auf. In dem formularmäßigen
Kreditvertrag, in dem kein bestimmter Zinssatz angegeben ist, heißt es u. a.: "Für die Kredite
einschließlich der Darlehen gelten die jeweils von der Bank bestimmten Zins-, Provisionsund
Auszahlungssätze, bei Darlehen gelten gegenwärtig die oben angegebenen Zins- und
Auszahlungssätze". Die beiden Darlehen, die zunächst bis zum 1931. 12. 1977 befristet
waren, wurden durch Formularvertrag vom 19. 12. 1977 um ein Jahr verlängert. Zugleich
gewährte die Bekl. dem Kl. ein weiteres Darlehen in Höhe von 20000 DM. Auch dieser
Kreditvertrag enthält keinen bestimmten Zinssatz, sondern die obige Klausel. Durch einen
formularmäßigen Kreditvertrag vom 23. 5. 1979 wurden die bei der Bekl. bestehenden
Gesamtverbindlichkeiten (Darlehen und Kontokorrentkonto) zusammengefaßt und auf einen
neuen Kredit über 417000 DM umgeschuldet. Der Zinssatz ist im Vertrag mit 7,5 % p. a.
angegeben. Ziffer 3 der Kreditbedingungen lautet:

"Die Bank ist berechtigt, den Zinssatz zu ändern, wenn sie dies (z. B. wegen der Entwicklung
am Geld- oder Kapitalmarkt) für erforderlich hält; sie wird die Änderung dem Kreditnehmer
mitteilen". Die Bekl. hat dem Kl. für die verschiedenen Darlehen Zinssätze in Rechnung
gestellt, die sich von Ende 1978 bis Anfang 1983 von 8,5 % auf 13,75 % erhöhten. Der Kl. ist
der Auffassung, daß diese Zinssätze überhöht seien. Sie lägen über dem Durchschnitt der
banküblichen Zinsen für Hypothekarkredite. Die Festsetzung der Zinsen durch die Bekl.
entspreche nicht der Billigkeit, daher bedürfe es der Bestimmung durch Urteil. Der Kl. hat
zuletzt beantragt, die von ihm an die Bekl. zu entrichtenden Zinsen auf 6,75 bis 7,75 %,
festzusetzen, hilfsweise den effektiven Zinssatz für die genannten Zeiträume auf den von der
Deutschen Bundesbank jeweils ermittelten und veröffentlichten Zinssatz (Effektivverzinsung)
für Hypothekarkredite auf Wohnungsgrundstücke festzusetzen. Die Klage ist in den
Vorinstanzen erfolglos geblieben. Die Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen:
I. 1. Das BerGer. legt die in den Darlehensverträgen aus den Jahren 1976 und 1977 enthaltene
Klausel, wonach die jeweils von der Bank bestimmten Zinssätze gelten, dahin aus, daß sich
die Bekl. vorbehalten hat, den jeweiligen Zinssatz gem. § 315 BGB festzulegen. Der
erkennende Senat kann diese Auslegung der Kreditverträge, deren Formulare offensichtlich
von einem Zentralverlag von Banken stammen und über den Bezirk des BerGer. hinaus
Verwendung finden, voll nachprüfen (vgl. Senatsurt., BGH, NJW 1986, 252 = WM 1985,
1059 (1060)). Er schließt sich der Auffassung des BerGer. an.
Die Parteien haben in den genannten Verträgen keinen bestimmten und auch nicht den
banküblichen Zinssatz vereinbart, sondern der Bekl. die alleinige Befugnis eingeräumt, die
Höhe des Zinssatzes zu bestimmen (Zinsvorbehalt). Derartige einseitige
Leistungsbestimmungen sind dem Bankrecht nicht fremd, sondern in den AGB der Banken an
verschiedenen Stellen - auch bezüglich Zinsen - ausdrücklich vorgesehen (vgl. AGB-Banken
Nr. 14 II-IV; Nr. 22 II; Nr. 46).

2. In dem Darlehensvertrag vom 23. 5. 1979 ist zwar ein Zinssatz von 7,5 % vereinbart. Die
Bekl. hat aber vom 1. 10. 1979 ab von der in Ziffer 3 der Kreditbedingungen ausbedungenen
Befugnis Gebrauch gemacht, den Zinssatz zu ändern, und hat ihn stufenweise bis auf 13,75 %
erhöht. Die Regelung der Ziffer 3 stellt eine sog. Zinsänderungsklausel dar, die ebenfalls
einen Anwendungsfall des § 315 BGB bildet (Staudinger-K. Schmidt, BGB, 12. Aufl., § 246
Rdnr. 66; Ballhaus, in: RGRK, 12. Aufl., § 608 Rdnr. 8). Die Parteien haben in diesem
Vertrag die Vereinbarung eines bestimmten Zinssatzes mit einer der Bekl. eingeräumten
Befugnis zur Zinsanpassung verbunden, während der Bekl. in den Verträgen aus den Jahren
1976 und 1977 von vornherein das Recht zugestanden worden ist, den (auch für den Zeitpunkt
des Vertragsschlusses ziffernmäßig nicht festgelegten) Zinssatz einseitig zu bestimmen. Im
Gegensatz zu diesen beiden Kreditverträgen sind im Vertrag vom 23. 5. 1979 auch die
Voraussetzungen für die Bestimmung des Zinssatzes durch die Bekl. (wenn auch nur in
allgemeiner Form) umschrieben.

II. Die in den Kreditverträgen vom 19. 12. 1977 und 23. 5. 1979 enthaltenen Zinsklauseln
verstoßen nicht gegen § 9 AGB-Gesetz. Der Kreditvertrag aus dem Jahre 1976 ist vor dem
Inkrafttreten des AGB-Gesetzes (1. 4. 1977, § 30 AGBG) abgeschlossen worden und
unterfällt daher grundsätzlich nicht diesem Gesetz (§ 28 I AGB-Gesetz). Es kann dahingestellt
bleiben, ob das AGB-Gesetz auf diesen Vertrag auch insoweit nicht anzuwenden ist, als dieser
erst nach dem genannten Stichtag des 1. 4. 1977 abgewickelt worden ist (vgl. § 28 II AGBGesetz).
Da § 9 AGB-Gesetz im wesentlichen eine Kodifizierung der vor seinem Inkrafttreten
entwickelten und an § 242 BGB orientierten Rechtsgrundsätze darstellt (BGHZ 83, 169 (174)
= NJW 1982, 1391; BGHZ 89, 206 (209 f.) = NJW 1984, 1182), gelten für den Vertrag aus
dem Jahre 1976 in jedem Falle dieselben Prüfungsmaßstäbe wie für die beiden anderen
zweifelsfrei in den zeitlichen Geltungsbereich des AGB-Gesetzes fallenden Kreditverträge.

1. Die von der Bekl. verwendeten Zinsklauseln in den Verträgen von 1977 und 1979
unterliegen der Inhaltskontrolle nach § 9 AGB-Gesetz. Dabei ist nach § 1 I 2 AGB-Gesetz
unerheblich, daß die Bekl. die Klauseln nicht in äußerlich gesonderte Geschäftsbedingungen,
sondern in die vorgedruckten Vertragsformulare selbst aufgenommen hat. Es handelt sich um
Formularverträge, also um vorformulierte und für eine unbestimmte Vielzahl künftiger
Verwendungen entworfene Vertragsbedingungen und mithin um Allgemeine
Geschäftsbedingungen i. S. des § 1 AGB-Gesetz. Dem steht nicht entgegen, daß die
Vertragsexemplare auch im einzelnen ausgehandelte Regelungen enthalten, die aber nicht die
umstrittenen Zinsklauseln betreffen (vgl. BGHZ 93, 252 (254 f.) = NJW 1985, 853; s. auch
BGHZ 75, 15 (20) = NJW 1979, 2387). Diese Grundsätze galten auch schon vor dem
Inkrafttreten des AGB-Gesetzes (BGHZ 62, 251 (253) = NJW 1974, 1135).
Zinsklauseln der vorliegenden Art sind - ebenso wie Preisvorbehalts- und
Preisanpassungsklauseln (s. dazu z. B. BGHZ 82, 21 (23 f.) = NJW 1982, 331; BGHZ 93, 252
(255 f.) = NJW 1985, 853) - an der Generalklausel des § 9 AGB-Gesetz zu messen
(Staudinger-K. Schmidt, § 246 Rdnr. 71; Kötz, in: MünchKomm, 2. Aufl., § 9 AGB-Gesetz
Rdnr. 48; Brandner, in: Ulmer-Brandner-Hensen, AGB-Gesetz, 4. Aufl., Anh. §§ 9-11 Rdnr.
282; Wolf, in: Wolf-Horn-Lindacher, AGB-Gesetz, 1984, § 9 Rdnr. 33 und Rdnr. D 9 sowie L
62; Graf von Westphalen, in: Löwe-Graf von Westphalen-Trinkner, AGB-Gesetz, 2. Aufl.,
Bd. III, Darlehensvertrag Rdnr. 5; Canaris, BankvertragsR, 2. Bearb., Rdnr. 1328; ebenso für
Nr. 14 AGB-Banken Graf von Westphalen, WM 1984, 9; ders., in: Löwe-Graf von
Westphalen-Trinkner, Bd. III Banken-AGB Rdnrn. 43 ff.; Horn, WM 1984, 462). Wie sich
aus § 24 AGB-Gesetz ergibt, wäre § 9 AGB-Gesetz auch anwendbar, wenn es sich bei dem
Kl. um einen Kaufmann handeln würde (BGHZ 93, 252 (256/260) = NJW 1985, 853).
2. Die von der Bekl. verwendeten Zinsklauseln sind wirksam. Durch sie wird der Kl. nicht
entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (vgl. § 9 I I AGBGesetz).

a) In AGB enthaltene Zinsklauseln der vorliegenden Art, die dem Darlehensgeber ein
einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB einräumen, halten einer Prüfung
nach § 9 AGB-Gesetz stand, soweit für sie ein sachlicher Grund besteht. Das ist insofern der
Fall, als ein Bedürfnis der Banken anzuerkennen ist, ihre Darlehensbedingungen,
insbesondere den Zinssatz, den wechselnden und bei Vertragsabschluß meist nicht
überschaubaren künftigen Refinanzierungsmöglichkeiten anzupassen (Wolf, in: Wolf-Horn-
Lindacher, § 9 Rdnr. D 9, L 63; Brandner, in: Ulmer-Brandner-Hensen, Anh. zu §§ 9-11
Rdnr. 282; Graba, in: Schlosser-Coester-Waltjen-Graba, AGB-Gesetz, § 9 Rdnr. 99;
Staudinger-K. Schmidt, § 246 Rdnr. 71 f.; Kötz, in: MünchKomm, § 9 AGB-Gesetz Rdnr. 48;
vgl. auch Senat, LM § 609 BGB Nr. 4 unter 5; differenzierend: Graf von Westphalen, in:
Löwe-Graf von Westphalen-Trinkner, Bd. III Darlehensvertrag Rdnr. 5). Solche Klauseln
sind in der Bankpraxis nicht zu entbehren, zumal im massenhaften Darlehensgeschäft
Zinsänderungen, die häufig vorkommen, schon aus organisatorischen Gründen kaum durch
individualvertragliche Abmachungen mit den einzelnen Kunden vorgenommen werden
können. Dem entspricht es, daß auch die - Zinsen betreffenden - Leistungsbestimmungsrechte
der Banken nach Nr. 14 II, III AGB-Banken im Grundsatz als mit § 9 AGB-Gesetz vereinbar
angesehen werden (Graf von Westphalen, WM 1984, 9; ders., in: Löwe-Graf von
Westphalen-Trinkner, Bd. III Banken-AGB Rdnr. 43 f.; Horn, WM 1984, 462; s. aber auch
Senat, NJW-RR 1986, 205 = NJW 1986, 8 (10)).
In den Kreditverträgen aus den Jahren 1976 und 1977 ist der Bekl. das Recht eingeräumt
worden, den Zinssatz von Anfang an, also nicht nur für die Zukunft zu bestimmen. Diese
Wirkung hat die Zinsklausel jedoch nur, weil die im Vertragstext vorgesehene Angabe des
"gegenwärtigen" (d. h. bei Vertragsabschluß geltenden) Zinssatzes versehentlich unterblieben
ist. Bei dieser besonderen Sachlage ist die Befugnis der Bekl., den Anfangszins nach billigem
Ermessen zu bestimmen, darauf beschränkt, daß sie nur den bei Vertragsabschluß von ihr für
Kredite dieser Art üblichen Zinssatz verlangen kann. Für die folgende Vertragszeit hatte die
Klausel indes die Funktion, den Zinssatz den jeweiligen Refinanzierungskonditionen der
Bekl. anzupassen.

b) Allerdings dürfen Zinsanpassungsklauseln die darlehensgewährende Bank nicht einseitig
begünstigen. Das setzt voraus, daß sie die Bank nicht nur (unter noch zu erörternden
Bedingungen) zur Erhöhung des Zinssatzes berechtigen, sondern unter bestimmten
Umständen, z. B. bei sinkendem Zinsniveau und Verbesserung der
Refinanzierungskonditionen, auch zur Herabsetzung des dem Kunden berechneten Zinssatzes
verpflichten (Staudinger-K. Schmidt, § 246 Rdnr. 72; Canaris, Rdnr. 1328; Wolf, in: Wolf-
Horn-Lindacher, § 9 Rdnr. D 9; Graf von Westphalen, in: Löwe-Graf von Westphalen-
Trinkner, Darlehensvertrag Rdnr. 5; vgl. auch Senat, LM § 609 BGB Nr. 4 unter 5a). In
diesem Sinne sind Zinsanpassungsklauseln im Zweifel auszulegen (K. Schmidt, BB 1982,
2078; Staudinger-K. Schmidt, § 246 Rdnr. 72). Auch im Streitfall gibt der Wortlaut der
Zinsklauseln keinen Anhaltspunkt für die Annahme, daß die Bekl. sich nur eine Erhöhung der
Zinsen habe vorbehalten wollen. Das gilt um so mehr, als Zinsklauseln der vorliegenden Art
der Vereinbarung eines variablen Zinssatzes nahekommen, bei dem auch Zinssenkungen auf
dem Geldmarkt von der Bank an den Kreditnehmer innerhalb einer angemessenen Frist
weitergegeben werden.

3. a) Es ist auch unschädlich, daß die in den Darlehensverträgen von 1976 und 1977
enthaltenen Zinsklauseln die Voraussetzungen und die Grenzen für die vorbehaltene
Bestimmung der Zinsen nicht ausdrücklich umschreiben (Canaris, Rdnr. 1328; a. A. wohl
Graba, § 9 Rdnr. 99). Nach dem erkennbaren Sinn der Zinsklauseln bieten diese der Bekl. nur
die Möglichkeit, den variablen Zinssatz den wechselnden Verhältnissen auf dem Kapitalmarkt
und den dadurch verursachten Änderungen ihrer Refinanzierungskonditionen nach Maßgabe
des § 315 BGB anzupassen.
Der VIII. Zivilsenat des BGH hat zwar mehrfach entschieden, daß ein formularmäßig
vorbehaltenes Preisanpassungsrecht, dessen uneingeschränkte Fassung dem Verwender jede
beliebige - auch durch zwischenzeitlichen Kostenanstieg nicht gedeckte - Preiserhöhung
ermöglicht, den Kunden zumindest dann in unangemessener Weise benachteiligt, wenn ihm
nicht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit einer Lösung von dem Vertrag
eingeräumt wird (BGHZ 82, 21 (25 f.) = NJW 1982, 331; BGHZ 89, 206, 210 ff. = NJW
1984, 1182; BGHZ 93, 29 (34 ff.) = NJW 1985, 623; BGHZ 92, 252 (256) = NJW 1985, 853;
vgl. auch das in BGHZ 94, 341 (337 ff.) = NJW 1985, 2270 veröffentlichte Urteil des VII.
Zivilsenats). Ein solches schrankenloses Leistungsbestimmungsrecht ist hier jedoch der Bekl.
nicht eingeräumt worden, da sie sich - wie ausgeführt - bei Zinsänderungen in den Grenzen
einer Änderung ihrer Refinanzierungsmöglichkeiten halten muß. Im übrigen gilt der erwähnte
Rechtsprechungsgrundsatz auch nach Auffassung des VIII. Zivilsenats nicht ausnahmslos.
Dieser hat im Anschluß an die Begründung des AGB-Gesetzes (BT-Dr 10/3319, S. 22) darauf
hingewiesen, daß die Frage, ob ein einseitiges Preisänderungsrecht, das keine
Einschränkungen, insbesondere keine Konkretisierung der dafür maßgebenden Faktoren
enthält und dem Vertragsgegner keine Lösungsmöglichkeit gewährt, stets gegen § 9 AGBGesetz
verstößt, nicht ohne Berücksichtigung der Art des konkreten Vertrages, der typischen
Interessen der Vertragschließenden und der die jeweilige Klausel begleitenden Regelung
entschieden werden kann (BGHZ 93, 252 (257) = NJW 1985, 853; vgl. auch die Urteile des
X. Zivilsenats in BGHZ 92, 200 (206 f.) = NJW 1985, 426 und BGH, NJW-RR 1986, 211,
dazu Anm. Bunte EWiR § 11 Nr. 1 AGB-Gesetz 1/86). Die in den angeführten Urteilen des
VII. und VIII. Zivilsenats beanstandeten Preisklauseln, die dem Verwender beliebige
Preiserhöhungen ermöglichten, ohne dem Gegner die Lösung vom Vertrag zu gestatten,
betrafen Kauf-, Werk- und Vertragshändlerverträge. Für die Beurteilung von Kreditverträgen
(Konsumentenratenkreditverträge können außer Betracht bleiben, da ein solcher hier nicht
vorliegt) gelten jedoch - auch aus der Sicht der Kunden - andere Kriterien, da die Festlegung
der Zinsen anderen Regeln folgt als die Bestimmung der (Haupt-) Gegenleistung bei Kaufund
Werkverträgen.

b) aa) Das wechselnde Zinsniveau am Geldmarkt und die Refinanzierungsmöglichkeiten der
Banken werden maßgeblich durch den jeweils von der Deutschen Bundesbank festgesetzten,
schwankenden Diskontsatz beeinflußt. Die untereinander in Wettbewerb stehenden
Kreditinstitute können am Kreditmarkt gegenüber ihren Kunden im allgemeinen keine
beliebigen, sondern nur marktkonforme Zinssätze durchsetzen. Diese sind nicht unerheblichen
Schwankungen unterworfen; Zinserhöhungen wechseln mit Zinssenkungen ab und
umgekehrt. Das ist eine für Kreditverträge typische Gegebenheit, die den Kreditnehmern in
aller Regel bekannt und daher auch für die Auslegung derartiger Zinsklauseln mit
heranzuziehen ist.

bb) Die Zinsklausel in den Verträgen von 1976 und 1977 hebt zudem auf den von der Bank
"jeweils" bestimmten Zins ab. Damit kommt schon beim Abschluß des Kreditvertrages zum
Ausdruck, daß der Vertragszins veränderlich ist. Der Kreditnehmer kann daher nicht darauf
vertrauen, daß der für den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses festgelegte Zinssatz für die
gesamte Laufzeit des Kreditvertrages gilt (vgl. BGHZ 93, 252 (258) = NJW 1985, 853).
Dadurch entfällt zwar nicht das Schutzbedürfnis des Bankkunden; aber bei einer solchen
Fallgestaltung ist die Bedeutung des Grundsatzes, daß einmal geschlossene Verträge
einzuhalten sind, für den Kunden erkennbar relativiert.

cc) Es kommt hinzu, daß eine Präzisierung der Voraussetzungen und/oder der Grenzen für
Zinsänderungen erheblichen Schwierigkeiten begegnet. So hängt z. B. die Entscheidung einer
Bank, wann und in welchem Umfange sie Änderungen des allgemeinen Zinsniveaus durch
Zinserhöhung oder Zinssenkung an ihre Kunden weitergibt, u. a. davon ab, zu welchen
Konditionen (z. B. langfristig oder kurzfristig) sie sich refinanziert. Das Ausmaß künftiger
Zinsänderungen auf dem Geldmarkt läßt sich beim Abschluß des Darlehensvertrages ohnehin
meist nicht zuverlässig abschätzen. Zwar waren hier die Kreditverträge aus den Jahren 1976
und 1977 jeweils nur auf ein Jahr befristet; sie waren aber auf eine Prolongierung angelegt, zu
der es dann auch kam. Nach den gesamten Umständen, wie sie für die Zinsbemessung im
Kreditgeschäft kennzeichnend sind, könnte eine Konkretisierung der Zinsänderungsklauseln
nur so allgemein gehalten sein (vgl. die im Vertrag vom 23. 5. 1979 verwendete Klausel), daß
sie dem Bankkunden über seinen im allgemeinen vorhandenen Wissensstand (vgl. oben)
hinaus keine zusätzlichen Erkenntnisse in diesem Punkte vermitteln würde.

dd) Es ist ferner zu berücksichtigen, daß sich ein Kreditnehmer, der sich für einen variablen
Zinssatz entscheidet, damit nicht nur das Risiko der Erhöhung der Zinsen in Kauf nimmt,
sondern auch die ihm vorteilhafte Chance einer Zinssenkung wahrnehmen will. Er wird daher
in aller Regel Zinsanpassungsklauseln in diesem Sinne verstehen.

ee) Zudem war der Kl. nach Nr. 1 der Kreditbedingungen berechtigt, die Darlehensverträge
aus den Jahren 1976 und 1977 mit einer Frist von 3 Monaten zum Vierteljahresschluß zu
kündigen. Dem Kl. war also die Möglichkeit eingeräumt, sich im Falle einer Zinserhöhung
vom Kreditvertrag zu lösen, auch wenn er diese Befugnis nicht mit sofortiger Wirkung
ausüben konnte. Auch dieses Lösungsrecht des Kreditnehmers spricht dagegen, die
Zinsklausel als unangemessen i. S. des § 9 AGB-Gesetz anzusehen (vgl. BGHZ 82, 21 (27) =
NJW 1982, 331).

Nach alledem ist der Bekl. in den Kreditverträgen aus den Jahren 1976, 1977 und 1979
rechtswirksam ein Zinsbestimmungsrecht eingeräumt worden.
III. Der Kl. beanstandet, daß die Bekl. das Recht, die Zinsen zu bestimmen, entgegen § 315
BGB nicht nach billigem Ermessen ausgeübt habe; er verlangt daher im Wege der
vorliegenden Gestaltungsklage eine Bestimmung durch Urteil (§ 315 II 3 Halbs. 1 BGB). Das
BerGer. hat dem Klagebegehren nicht stattgegeben, weil der Kl. die Klage nicht innerhalb
angemessener Frist erhoben habe. Diese Beurteilung ist nicht frei von Rechtsirrtum.
1. § 315 III 2 BGB bestimmt für die Erhebung der dort vorgesehenen Klage keine besondere
Frist. Der Betroffene kann allerdings durch illoyale Verzögerung der Klageerhebung sein
Klagerecht verwirken (Söllner, in: MünchKomm, 2. Aufl., § 315 Rdnr. 27 im Anschluß an
BAGE 18, 54 (59 f.)). Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung
längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die
verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen
(Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung
aus dem Verhalten des Verpflichteten entnehmen durfte, daß dieser sein Recht nicht mehr
geltend machen werde. Ferner muß sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des
Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, daß ihm durch die verspätete
Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (st. Rspr., vgl. etwa
BGH, LM § 242 (Cc) BGB Nr. 39).

2. Aus dem Berufungsurteil ergibt sich nicht, daß die genannten Voraussetzungen hier
vorliegen. Das BerGer. übersieht zunächst, daß sich das Klagebegehren zum Teil auch auf
einen nach der Klageerhebung liegenden Zeitraum erstreckt (29. 11. 1982 bis 7. 9. 1983).
Insoweit kann von einer verspäteten Klageerhebung keine Rede sein. Zudem hat sich das
BerGer. nicht mit der Behauptung des Kl. auseinandergesetzt, er habe sich bereits mit
Schreiben vom 15. 5. und 11. 6. 1981 gegen die Höhe der von ihm verlangten Zinsen
gewandt. Zwischen den Parteien bestanden offenbar seit längerem
Meinungsverschiedenheiten.

Soweit das BerGer. darauf abstellt, der Kl. habe die Belastungen mit Zinsen "akzeptiert", wird
die tatsächliche Grundlage und die rechtliche Tragweite dieser Annahme nicht deutlich. Es ist
weder ersichtlich, ob die Bekl. die Zinsänderungen jeweils besonders mitgeteilt hat, noch ist
festgestellt, ob der geänderte Zinssatz stets in den Kontoauszügen angegeben wurde. Wenn
der Kl. auf ihm von der Bekl. übersandte Tageskontoauszüge geschwiegen haben sollte, so
könnte allein darin keine schlüssige rechtsgeschäftliche Erklärung, geschweige denn eine
Genehmigung der Zinsbestimmung erblickt werden (BGHZ 73, 207 (210) = NJW 1979,
1164). Einen Zugang von Rechnungsabschlüssen i. S. von Nr. 15 AGB-Banken stellt das
BerGer. nicht fest. Es setzt sich auch nicht mit dem Vorbringen des Kl., er habe von der Bekl.
keine Mitteilungen über die Bestimmung des Zinssatzes nach § 315 II BGB erhalten,
auseinander. Die angeführte Entscheidung BAGE 18, 54 betrifft arbeitsrechtliche
Besonderheiten, die nicht auf den hier zu beurteilenden Fall übertragen werden können.
Hiernach kann die Klageabweisung (Antrag zu III mit Hilfsantrag) keinen Bestand haben.
Insoweit ist die Sache unter (teilweiser) Aufhebung des Berufungsurteils an die Vorinstanz zu
erneuter tatrichterlicher Beurteilung zurückzuverweisen. Dem BerGer. bleibt auch die
Entscheidung über die gesamten Kosten des Revisionsrechtszuges vorbehalten.

IV. Für den Fall, daß das BerGer. aufgrund der erneuten Verhandlung zu der Prüfung gelangt,
ob die von der Bekl. getroffenen Zinsbestimmungen der Billigkeit entsprechen, ist auf
folgendes hinzuweisen:
1. Die Bekl. durfte, wie oben ausgeführt, aufgrund der in den Kreditverträgen verwendeten
Zinsklauseln den Zinssatz nur erhöhen, wenn das wegen zwischenzeitlich eingetretener, nicht
überschaubarer Entwicklungen auf dem Kapitalmarkt und einer dadurch bewirkten Änderung
der Refinanzierungsmöglichkeiten der Bekl. erforderlich war. Andererseits war sie
verpflichtet, den Zins innerhalb angemessener Frist zu senken, wenn sich ihre
Refinanzierungskonditionen für Kredite der betreffenden Art und Höhe infolge einer
Veränderung der Geldmarktlage günstiger gestalteten. Dagegen boten die Zinsklauseln der
Bekl. keine rechtliche Grundlage dafür, die Zinssätze aus anderen Gründen als der Anpassung
an kapitalmarktbedingte Wandlungen der Refinanzierungsmöglichkeiten zu erhöhen. Daher
wäre die Bekl. nicht befugt gewesen, den Zinssatz z. B. aus Gründen der innerbetrieblichen
Kalkulation (unabhängig von einem Wechsel ihrer Refinanzierungsbedingungen)
heraufzusetzen. Zinsklauseln der vorliegenden Art gestatten es (soweit das nicht besonders
vereinbart ist) z. B. auch nicht, zusätzlich zu einer nach den obigen Grundsätzen zulässigen
Zinserhöhung von dem Kunden noch einen Risikozuschlag zu verlangen (vgl. OLG Hamm,
WM 1985, 159 (161)).

2. Auch das Ausmaß einer statthaften Zinserhöhung oder gebotenen Zinssenkung muß sich an
der Veränderung der Refinanzierungsmöglichkeiten der bekl. Bank orientieren. Selbst bei
einem Anstieg des Kapitalmarktzinses kann eine gegenüber dem Kunden vorgenommene
Zinserhöhung (teilweise) unbillig sein, wenn die Bank frühere Senkungen des Zinsniveaus
nicht an den Kunden weitergegeben hat. Die Bekl. mußte sich bei Zinsanpassungen
grundsätzlich im Rahmen der Zinssätze für Kredite dieser Art und Größenordnung halten, wie
sie sich aus den in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlichten
Statistiken ergeben, aus denen bereits die höchsten und niedrigsten Zinssätze ausgesondert
sind (vgl. OLG Hamm, WM 1985, 159). Ein Kunde, der bei einer Bank einen Kredit
aufnimmt, braucht in der Regel nicht damit zu rechnen, daß die
Refinanzierungsmöglichkeiten dieser Bank den marktüblichen Standard nicht unerheblich
unterschreiten. Er braucht daher nicht anzunehmen, daß ihm Zinserhöhungen berechnet
werden, die das Maß dessen übersteigen, was nach den auslösenden Veränderungen des
allgemeinen Zinsniveaus noch als "normal", d. h. innerhalb der üblichen Streubreite für
entsprechende Kredite liegend, anzusehen ist. Die Bekl. war ferner verpflichtet, bei zulässigen
oder gebotenen Zinsänderungen den Kl., soweit nicht besondere Sachgründe vorlagen, nicht
schlechter zu behandeln als andere Kreditnehmer, denen sie Kredite dieser Art und
Größenordnung gewährt hatte. Sie mußte also bei Zinsänderungen auch dem Kl. gegenüber
den in ihrem Haus oder der betreffenden Niederlassung nunmehr allgemein verlangten
"Normalzinssatz" einhalten (vgl. auch OLG Hamm, WM 1985, 159).

3. Die Bekl. trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß ihre Bestimmung der Zinssätze
der Billigkeit entspricht (BGHZ 41, 271 (279) = NJW 1964, 1617; BGH, NJW 1969, 1809;
BGH, NJW 1981, 571 (572); Baumgärtel, Hdb. der Beweislast, Bd. 1, 1981, § 315 Rdnr. 2 m.
w. Nachw.).