Die Kläger waren noch im Jahr 2013 zum Widerspruch berechtigt. § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a. F., der vorsah, dass das Recht zum Widerruf ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt, ist auf Lebens- und Rentenversicherungsverträge nicht anwendbar. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11 - im Anschluss an das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Dezember 2013 - C-209/12 entschieden.

 Dieses Urteil als PDF

 

OLG Köln Urteil vom 05.09.2014 Az: 20 U 77/14

 

Auf die Berufung der Kläger wird das am 11. April 2014 verkündete Urteil der 9. Zivil-kammer des Landgerichts Aachen - 9 O 419/13 - unter Zurückweisung des weiterge-henden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:


Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.475,85 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 8.451,62 EUR seit dem 26. September 2013 bis zum 12. Februar 2014 und aus einem Betrag von 6.475,85 EUR seit dem 13. Februar 2014 zu zahlen.


Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.996,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 7.616,97 EUR seit dem 26. September 2013 bis zum 12. Februar 2014 und aus einem Betrag von 5.996,96 EUR seit dem 13. Februar 2014 zu zahlen.


Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.


Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten haben der Kläger zu 47%, die Klägerin zu 28% und die Beklagte zu 25% zu tragen.
Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers hat die Beklagte 22%, von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin 31% zu tragen. Im Übrigen haben die Kläger ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die gegnerische Partei nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.


Gründe

I.
Der Kläger schloss mit der Beklagten eine fondsgebundene Lebensversicherung mit Versicherungsbeginn zum 1. November 2003 ab. Die Klägerin schloss mit der Beklagten ebenfalls mit Versicherungsbeginn zum 1. November 2003 ein fondsgebundene Rentenversicherung ab. Mit Schreiben vom 9. August 2012 kündigten die Kläger beide Versicherungen. Die Beklagte kehrte Rückkaufswerte in Höhe von 21.588,70 EUR (Kläger) und 21.596,70 EUR (Klägerin) aus. Bis zur Vertragsbeendigung leisteten der Kläger Beiträge in Höhe von 33.841,79 EUR und die Klägerin Beiträge in Höhe von 27.000,- EUR. Mit Anwaltsschreiben vom 7. September 2013 verlangten die Kläger unter Fristsetzung bis zum 25. September 2013 die verzinsliche Rückerstattung der Beiträge unter Anrechnung der Rückkaufswerte; mit Anwaltsschreiben vom 8. September 2013 erklärten sie u.a. den Widerspruch nach § 5a VVG a.F. Unter dem 12. Februar 2014 erstattete die Beklagte den Klägern die von ihr erhobenen Stornoabzüge in einer Gesamthöhe von 3.595,78 EUR (Kläger: 1.975,77 EUR; Klägerin: 1.620,01 EUR).
Auch mit der Klage beanspruchen die Kläger in erster Linie die verzinsliche Rückerstattung der Beiträge unter Anrechnung der ausgekehrten Rückkaufswerte.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, die Allgemeinen Versicherungsbedingungen seien nicht wirksam in den Versicherungsvertrag eingezogen worden; diese seien ihnen vor der Antragstellung nicht übermittelt worden. Ferner seien sie berechtigt gewesen, den Vertragsschlüssen noch im Jahr 2013 gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a. F. zu widersprechen. Das in § 5 a VVG a. F. normierte Policenmodell sei europarechtswidrig.
Zur hilfsweise erhobenen Stufenklage haben die Kläger vorgetragen, die Klauseln über die Rückkaufswerte und insbesondere über die Kostenverrechnung sowie die Klauseln über die Überschussbeteiligung seien intransparent. Sie seien zudem überraschend und bei der Durchsetzung von Auszahlungsansprüchen nicht zu berücksichtigen. Jedenfalls stehe ihnen ein Mindestrückkaufswert zu.


Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 12.741,02 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem jeweils gültigen Basiszinssatz auf je 250,00 EUR monatlich vom 01.11.2003 bis zum 01.10.2004, auf je 275,01 EUR monatlich vom 01.11.2004 bis zum 01.10.2005, auf je 302,54 EUR monatlich vom 01.11.2005 bis zum 01.10.2006, auf je 332,84 EUR monatlich vom 01.11.2006 bis zum 01.10.2007, auf je 366,20 EUR monatlich vom 01.11.2007 bis zum 01.10.2008, auf je 402,92 EUR monatlich vom 01.11.2008 bis zum 01.10.2009, auf je 443,37 EUR monatlich vom 01.11.2009 bis zum 01.10.2010, auf je 487,93 EUR monatlich vom 01.11.2010 bis zum 01.10.2011 zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen an ihn Zinsen in Höhe von 13.251,44 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.12.2013 zu zahlen.


Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.403,30 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.000,00 EUR jährlich seit dem 01.11.2003 bis zum 01.11.2011 zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an sie Zinsen in Höhe von 11.434,63 EUR zu zahlen.
Die Kläger haben gemeinsam beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie außergerichtlich angefallene Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 2.235,77 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.12.2013 zu zahlen.


Die Kläger beantragen hilfsweise,
1. die Beklagte zu verurteilen, durch Vorlage von nachvollziehbaren Unterlagen Auskunft zu erteilen
a) mit welchen Abschlusskosten sie den Zeitwert der Verträge nach § 176 Abs. 3 VVG a.F.
b) mit welchem Abzug sie den Auszahlungsbetrag nach § 174 VVG a.F. belastet hat
c) welche Höhe der nach der Kündigung der Verträge ausgezahlte Betrag ohne Berücksichtigung der Stornokosten hatte;
2. sofern sich nach den zu Ziffern 1. a) bis c) erteilten Auskünften ein Differenzbetrag zwischen dem so ermittelten und dem tatsächlich ausgezahlten Rückkaufswert zu ihren Gunsten ergibt, die Beklagte zu verurteilen, diesen Betrag an sie nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basis-zinssatz seit dem 19.12.2013 zu zahlen.


Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.


Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, eine Rückabwicklung scheitere jedenfalls daran, dass die Kläger den Widerspruch nicht innerhalb der Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. erklärt hätten. Diese Regelung sei auch dann weiter anzuwenden, wenn sie gegen Europarecht verstoßen sollte. Darüber hinaus sei ein Widerspruch nach Kündigung und Vertragsabwicklung nicht mehr zulässig. Etwaige Ansprüche seien zudem verwirkt. In Bezug auf etwaige Prämienrückzahlungsansprüche bis 31. Dezember 2010 hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben. Nutzungen im geltend gemachten Zinsumfang habe sie nicht gezogen. Zum Hilfsantrag hat sie vorgetragen, sie habe die von ihr geschuldeten Auskünfte erteilt.


Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 11. April 2014, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei unbegründet, weil ein etwaiges Widerspruchsrecht im Zeit-punkt der Ausübung verwirkt gewesen und die Berufung auf ein ewiges Widerspruchsrecht treuwidrig sei. Die hilfsweise erhobene Stufenklage könne keinen Erfolg haben, weil die Beklagte die geschuldeten Auskünfte erteilt habe; hieraus ergebe sich über die erstatteten Stornoabzüge hinaus kein Zahlungsanspruch.


Dagegen richtet sich die Berufung der Kläger, mit der sie ihre erstinstanzlich gestellten Anträge in vollem Umfang weiterverfolgen. Entgegen der Auffassung des Landge-richts seien die ihnen aufgrund des wirksam ausgeübten Widerspruchsrechts zuste-henden Rückzahlungsansprüche nicht verwirkt.


Die Beklagte, die die Zurückweisung der Berufung beantragt, verteidigt das angefochtene Urteil. Die Widerspruchsbelehrung sei wirksam. Das Widerspruchsrecht sei auch nicht innerhalb der Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. ausgeübt worden. Es sei jedenfalls verwirkt. Unabhängig davon stehe den Klägern ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nicht zu. Von den Prämienzahlungen seien die Risikobeiträge (in Bezug auf den Kläger auch die Beiträge zur Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung), die Abschluss- und Verwaltungskosten sowie Ratenzahlungs-zuschläge in Abzug zu bringen. Beanspruchen könnten die Kläger zwar die Fondser-träge, die laufende Überschussbeteiligung und den Schlussgewinn. Dem Kläger stehe ein Rückzahlungsanspruch von 23.564,47 EUR zu, der Klägerin ein Anspruch von 23.216,70 EUR. Diese Ansprüche seien indes durch die ausgekehrten Rückkaufswerte und die Rückerstattung der Stornoabzüge vollständig ausgeglichen. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf S. 11 der Berufungserwiderung vom 30. Juli 2014 (GA 218) Bezug genommen.
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.


II.
Die zulässige Berufung der Kläger hat in der Sache teilweise Erfolg.
Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der von ihnen auf die Versicherungsverträge geleisteten Prämien abzüglich des Prämienanteils, der auf den Risikoschutz entfallen ist; ihnen stehen ferner als gezogene Nutzung im Sinne von § 818 Abs. 1 BGB die von der Beklagten unter den Rahmenbedingungen einer fondsgebundenen Lebens- bzw. Rentenversicherung erzielten Erträge zu.
1. Die Kläger konnten dem Vertragsschluss noch mit Schreiben vom 8. September 2013 widersprechen.


Die Widerspruchsfrist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. ist nicht wirksam in Gang ge-setzt worden. Nach § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. beginnt der Lauf der hier maßge-benden Frist von 14 Tagen erst, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach Absatz 1 (Versicherungsbedingungen und Ver-braucherinformationen nach § 10a VAG) vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktech-nisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist.
Vorliegend ist die Widerspruchsbelehrung in den den jeweiligen Policenbegleitschreiben vom 14. November 2003 beigefügten "Wichtigen Hinweisen" (Anlage I und Anlage BLD 15) fehlerhaft.

Die Belehrung lautet jeweils:


"Wie Ihnen bereits aufgrund unseres Hinweises im Versicherungsvertrag bekannt ist, können Sie innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheins dem Ver-sicherungsvertrag widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs."


Die Belehrung ist deswegen inhaltlich fehlerhaft, weil zum einen der zwingend notwendige Hinweis darauf, dass der Widerspruch in Textform zu erheben ist, fehlt (vgl. BGH, VersR 2004, 497). Dieser Hinweis war nicht deshalb entbehrlich, weil in Satz 2 der Belehrung von der "Absendung" des Widerspruchs die Rede ist. Damit wird dem Versicherungsnehmer nicht klar vor Augen geführt, dass nur ein in Textform verfasster Widerspruch wirksam ist. Satz 2 bezieht sich lediglich auf den Fall, dass der Versicherungsnehmer den Widerspruch in dokumentierter Form erklären will, und erläutert nur, dass in diesem Fall die rechtzeitige Absendung zur Fristwahrung reicht. Dass ein mündlicher Widerspruch ausgeschlossen ist und in jedem Fall die Textform ge-wahrt werden muss, ergibt sich aus der Belehrung nicht. Zum anderen ist in der Be-lehrung nicht darauf hingewiesen worden, dass die Widerspruchsfrist erst dann zu laufen beginnt, wenn dem Versicherungsnehmer neben dem Versicherungsschein auch die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformationen überlassen worden sind.


2. Die Kläger waren noch im Jahr 2013 zum Widerspruch berechtigt. § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., der vorsah, dass das Recht zum Widerruf ein Jahr nach Zahlung der ers-ten Prämie erlischt, ist auf Lebens- und Rentenversicherungsverträge nicht anwendbar. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11 - (VersR 2014, 817; bestätigt mit Urt. v. 30. Juli 2014 - IV ZR 85/12 -) im Anschluss an das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Dezember 2013 - C-209/12 - (VersR 2014, 225) entschieden. Der Senat folgt dieser Entscheidung. Er hat zwar bislang die Auffassung vertreten, eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung, die dazu führt, § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. im Bereich der Lebensversicherung nicht anzuwenden, sei nicht möglich. Der Senat hält die jetzt vom Bundesgerichtshof vorgenommene Beurteilung allerdings für - auch verfassungsrechtlich - vertretbar, so dass keine durchgreifenden Bedenken bestehen, nunmehr auf der Grundlage des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 7. Mai 2014 zu entscheiden.


Das Widerspruchsrecht ist nicht verwirkt. Mit der Ausübung des Widerspruchs im Jahr 2013 haben die Kläger auch nicht gegen Treu und Glauben verstoßen. Dem steht schon entgegen, dass die Beklagte es versäumt hat, die Kläger ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht zu belehren (vgl. BGH, aaO, Rz. 38-40). Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungser-bringung kommt vorliegend schon deshalb nicht in Betracht, weil eine entsprechende Anwendung der Regelungen in den §§ 7 Abs. 2 VerbrKrG, 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG nach Außerkrafttreten dieser Gesetze nicht mehr möglich ist (BGH, aaO, Rz. 37 unter Hinweis auf BGH, WM 2010, 34 Rn. 16). Vorliegend ist der Vertrag erst 2012 beendet worden; die vorgenannten Regelungen sind aber spätestens seit dem 1. Januar 2003 nicht mehr anzuwenden.


3. Die Kläger können somit dem Grunde nach die gezahlten Prämien aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 BGB) zurückverlangen, weil sie diese rechtsgrundlos geleistet haben.
Der Höhe nach umfasst der Rückgewähranspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB allerdings nicht uneingeschränkt alle Prämien, die die Kläger an die Beklagte gezahlt haben, ohne hierzu durch einen wirksamen Versicherungsvertrag verpflichtet zu sein. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (aaO) darf im Rahmen einer gemeinschaftsrechtlich geforderten rechtsfortbildenden Auslegung einer nationalen Norm bei der Regelung der Rechtsfolgen des Widerspruchs nach nationalem Recht ein vernünftiger Ausgleich und eine gerechte Risikoverteilung zwischen den Beteiligten hergestellt werden In Rechnung zu stellen ist insbesondere, dass der Versicherungsnehmer während der Dauer der Prämienzahlung Versicherungsschutz genossen hat; diesen muss er sich im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung als erlangten Vermögensvorteil anrechnen lassen. Bei Lebensversicherungen kann, so der Bundesgerichtshof, etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen (aaO).


a) Ausgehend hiervon muss sich der Kläger bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den auf die gezahlten Prämien entfallenden Risikoanteil, der nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten (GA 218) 3.609,16 EUR betrug, ebenso anrechnen lassen wie die Versicherungsbeiträge, die auf die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung entfallen sind (1.816,46 EUR).


Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt allerdings eine Anrechnung desjenigen Prämienanteils, der auf die Abschluss- und Verwaltungskosten entfallen ist, nicht in Betracht. Sie kann - insbesondere in Bezug auf in den Abschlusskosten enthaltene Provisionsansprüche der Versicherungsvermittler - insoweit vor allem nicht den Einwand der Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB erheben. Aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 7. Mai 2014 folgt nicht, dass zugunsten des Versicherers sämtliche Kosten, die unmittelbar oder mittelbar mit der Gewährung von Versiche-rungsschutz während der Dauer der Prämienzahlung zusammen hängen, mindernd zu berücksichtigen sind. Bei der vom Bundesgerichtshof verlangten gerechten Risikoverteilung darf nicht außer Betracht bleiben, dass der Versicherer durch ein ihm zuzurechnendes Fehlverhalten (hier eine unzureichende Widerspruchsbelehrung) wesentlich dazu beigetragen hat, dass der Vertrag im Zustand schwebender Unwirksamkeit verblieben ist und nicht wirksam werden konnte. Bei dieser Sachlage erscheint es nicht angemessen, den Versicherungsnehmer mit den Kosten für den (letztlich nicht wirksam zustande gekommenen) Vertragsabschluss und die Vertragsdurchführung zu belasten. Das steht im Einklang mit allgemeinen bereicherungsrechtlichen Erwägungen.

Ob ein Bereicherungsschuldner Aufwendungen, die er vorgenommen hat, bereicherungsmindernd geltend machen kann, hängt maßgeblich davon ab, welcher der Parteien des Bereicherungsverhältnisses das Risiko des Entstehens dieser Aufwendungen zuzurechnen ist (BGHZ 109, 139; BGHZ 116, 251; NJW 2014, 854, Rz. 36); Ausdrücklich hat der Bundesgerichtshof (BGHZ 109, 139) entschieden, dass einem Leasinggeber bei Rückabwicklung aufgrund berechtigter Wandlung des Kaufvertrags gegen den Leasingnehmer kein Anspruch auf die Vertragskosten (Kaufpreis und sonstige mit dem Abschluss des Leasingvertrags in Zusammenhang stehende Kosten) zusteht, weil der Leasingnehmer keine mangelfreie Leistung erhalten hat. Diese Wertung greift auch in der vorliegenden Konstellation. Dass es nicht zu einem wirksamen Vertragsschluss gekommen ist und dem Zustan-dekommen des Lebensversicherungsvertrags deshalb auch nach Jahren noch wider-sprochen werden kann, beruht hier maßgebend darauf, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt hat. Das Risiko, dass er deswegen seine Vertragskosten (in Gestalt der Abschluss- und Verwaltungskosten) unnötig aufgewandt hat, muss beim Versicherer bleiben.


Gleiches gilt für die von der Beklagten erhobenen Ratenzahlungszuschläge.
Danach ergibt sich folgende Berechnung: Der Kläger hat nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten (GA 67) Prämien in einer Gesamthöhe von 33.841,79 EUR gezahlt. Davon sind der Prämienanteil für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (1.860,46 EUR) in vollem Umfang und ferner der Risikoanteil der Lebensversicherungsprämien (3.609,16 EUR) abzuziehen. Das ergibt einen Betrag von 28.372,17 EUR.
Nutzungen hieraus stehen dem Kläger nur in Höhe von 1.668,15 EUR zu. Hierbei handelt es sich um die von der Beklagten ermittelten Fondserträge, die laufenden Überschussbeteiligungen aus der Hauptversicherung und den Schlussgewinn aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung.


Der Anspruch aus § 818 Abs. 1 BGB beschränkt sich auf die Erstattung tatsächlich gezogener Nutzungen (BGH, Beschl. v. 30. Juli 2012 - IV ZR 134/11 - m. w. N.). Grundsätzlich bedarf es hierzu eines entsprechenden Tatsachenvortrags des Versi-cherungsnehmers (BGH, aaO). Erstinstanzlich hat der Kläger insoweit nur Bezug ge-nommen auf eine der Klageschrift beigefügte Zinsberechnung (Anlage K 2); dieser lässt sich entnehmen, dass die Zinsforderung augenscheinlich auf der Basis von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ermittelt worden ist. Soweit damit zum Ausdruck gebracht werden sollte, es sei zu vermuten, dass die Beklagte mit den eingezahlten Prämien einen entsprechenden Gewinn erzielt habe, wäre diesem Ansatz bei der hier streitgegenständlichen fondsgebundenen Lebensversicherung nicht zu folgen. Von vornherein fehlt einer solchen Vermutung die Basis für denjenigen Prämienanteil, der auf die Abschluss- und Verwaltungskosten entfällt. Dieser Teil der Prämie wird bestimmungsgemäß nicht zur Kapitalanlage verwendet, so dass auch nicht vermutet werden kann, die Beklagte habe insoweit aus den eingezahlten Beiträgen Nutzungen gezogen.


Eine solche Vermutung gilt bei fondsgebundenen Lebensversicherungen auch nicht in Bezug auf den Sparanteil der Prämie, denn dieser wird vereinbarungsgemäß in Fondsanteilen angelegt; dem Versicherungsnehmer steht als eine tatsächlich gezogene Nutzung im Sinne von § 818 Abs. 1 BGB nur der mit der Anlage des Sparanteils erzielte Gewinn, der sich regelmäßig in der Differenz zwischen der Summe der Sparanteile der Prämien und dem Fondsguthaben bei Vertragsbeendigung widerspiegelt, zu.


Die auf diese Weise gezogenen Nutzungen hat die Beklagte unwidersprochen mit ei-nem Gesamtbetrag von 1.668,15 EUR (1.614,55 EUR + 53,60 EUR; GA 218) angegeben. Dieser ist zum Prämienrückerstattungsanspruch von 28.372,17 EUR hinzu-zuaddieren. Von der Gesamtsumme von 30.040,32 EUR sind der Rückkaufswert in Höhe von 21.588,70 EUR sowie der erstattete Stornoabzug von 1.975,77 EUR in Abzug zu bringen, so dass dem Kläger ein Anspruch in Höhe von 6.475,85 EUR zusteht. Zinsen auf die gezogenen Nutzungen kann der Kläger nicht verlangen. Die Nutzungen hat die Beklagte dem Kläger mit der Erstattung des Rückkaufswertes im Jahr 2012 ausgekehrt; bis zu diesem Zeitpunkt lag kein Zahlungsverzug vor. Gesetzliche Zinsen auf den Beitragsrückerstattungsanspruch (= 8.451,62 EUR bis zur Erstattung des Stornoabzugs am 12. Februar 2014, danach 6.475,85 EUR) sind dem Kläger ab dem 26. September 2013 zuzuerkennen.


b) Für die Klägerin ergibt sich gemäß den vorstehenden Ausführungen folgende Berechnung:
Sie hat unstreitig Prämien in einer Gesamthöhe von 27.000,- EUR gezahlt. Davon ist der Risikoanteil (494,72 EUR) abzuziehen. Das ergibt einen Betrag von 26.505,28 EUR. Nutzungen in Form von Fondserträgen, Überschussbeteiligung und Schluss-gewinn sind in Höhe von 2.708,39 EUR (GA 218) zu erstatten. Von der Gesamtsum-me von 29.213,67 EUR sind der Rückkaufswert in Höhe von 21.596,70 EUR sowie der erstattete Stornoabzug von 1.620,01 EUR in Abzug zu bringen, so dass der Klä-gerin ein Anspruch in Höhe von 5.996,96 EUR zusteht. Gesetzliche Zinsen auf den Rückerstattungsanspruch (= 7.616,97 EUR bis zur Erstattung des Stornoabzugs am 12. Februar 2014, danach 5.996,96 EUR) sind der Klägerin ab dem 26. September 2013 zuzuerkennen.


4. Die Forderungen der Kläger sind nicht teilweise verjährt. Der Anspruch aus unge-rechtfertigter Bereicherung ist erst mit Ausübung des Widerspruchsrechts im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entstanden (so in etwas anderem, aber vergleichbaren Zusammenhang: BGH, VersR 2013, 899, Rz. 16). Die gegenteilige Auffassung von Armbrüster (VersR 2012, 513, 522 f.) überzeugt nicht. Danach soll der bereiche-rungsrechtliche Rückzahlungsanspruch bereits mit der Zahlung der jeweiligen Versicherungsprämie entstehen, weil der Vertrag schwebend unwirksam sei. Hierzu hat sich Armbrüster auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (NJW 1976, 104, 105) bezogen, der jedoch eine abweichende Fallkonstellation zugrunde lag. Vorliegend ist maßgebend, dass der Vertrag erst nach der Entscheidung des Versicherungsnehmers, den Widerspruch zu erklären, endgültig unwirksam geworden ist, während er zuvor von beiden Parteien wie ein wirksamer Vertrag durchgeführt wurde. Erst mit der Ausübung des Widerspruchsrechts steht fest, dass der Vertrag rückabzuwickeln ist, so dass der Bereicherungsanspruch des Versicherungsnehmers auch erst zu diesem Zeitpunkt entsteht. Unabhängig davon wäre auch fraglich, ob schon mit der Zahlung der Prämie eine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Versicherungsnehmers von den den Anspruch begründenden Umständen im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB angenommen werden könnte. Das wird wegen der Schwierigkeit der Rechtslage kaum anzunehmen sein (so auch Jacob, juris-PR-VersR 8/2014, Anm. 2).


5. Ausweislich der Berufungsanträge wollen die Kläger ihre hilfsweise erhobene Stufenklage weiterverfolgen. Insoweit ist die Berufung indes mangels einer Berufungsbegründung unzulässig (§ 520 Abs. 3 Nrn. 2, 3 ZPO).


6. Den Klägern steht kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlich angefallener Anwaltskosten zu. Einen Anspruch aus Verzug machen die Kläger nicht geltend; sie stützen die Forderung auf die "rechtswidrige Verweigerung der Auszahlung des korrekten Betrags" (GA 47); sie verfolgen mithin einen Schadensersatzanspruch. Insoweit fehlt es indes an einem Verschulden der Beklagten, weil die Sach- und Rechtslage in Bezug auf die Europarechtswidrigkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. unklar war und die Beklagte sich ohne Verschulden auf den Standpunkt stellen konnte, dass die geltend gemachten Ansprüche nicht bestehen würden. Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ist in diesem Fall genügt, wenn die zu beurteilende Rechtslage in besonderem Maße unklar ist und sorgfältig geprüft wird, ob dem eigenen Rechtsstandpunkt eine vertretbare rechtliche Beurteilung zugrunde liegt (vgl. BGH, NJW 2011, 1063; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 276, Rn. 23). Davon ist vorliegend auszugehen.


7. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Im Rahmen der Kostenentscheidung ist berücksichtigt, dass die hilfsweise erhobene Stufenklage ohne Erfolg geblieben ist.
Der Senat lässt die Revision zu, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Wie die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines Lebensversicherungsvertrags, dem wirksam widersprochen worden ist, erfolgt, ist bislang in den Einzelheiten nicht geklärt.


Berufungsstreitwert: 42.830,39 EUR
Maßgebend ist der (höhere) Streitwert der Hauptanträge (§ 45 Abs. 1 Satz 3 GKG); auch mit den Hilfsanträgen werden Ansprüche aus der Abwicklung des Versicherungsvertrags verfolgt, so dass das Anspruchsziel bei wirtschaftlicher Betrachtung identisch ist.