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Oberlandesgericht Schleswig

Urteil vom 20.06.2002

5 U 86/01

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 4. Mai 2002 wie folgt abgeändert:

Das Versäumnisurteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 5. Dezember 2000 -- 3 O 205/00 -- wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass der Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 136.882,12 € (267.718,15 DM) zzgl. 2,5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank auf 23.017,36 € (45.018,05 DM) seit dem 9. März 2000 zu zahlen.

Im Übrigen werden das Versäumnisurteil aufgehoben und die weitergehende Klage abgewiesen.

Die durch seine Säumnis verursachten erstinstanzlichen Verfahrenskosten hat der Beklagte zu tragen.

Die übrigen Verfahrenskosten fallen dem Beklagten zu 72 % und der Klägerin zu 28 % zur Last.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Jedoch kann der Beklagte die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 6.000 € abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

Die Klägerin, eine Sparkasse, begehrt von dem Beklagten den Ersatz eines Zinsschadens.

Der ursprünglich in U ansässige Beklagte war u. a. im Osthandel tätig. In diesem Zusammenhang war er an mehreren Unternehmen beteiligt, darunter der B Holz-Brikett Handelsgesellschaft mbH in ... F, über die zwischenzeitlich das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet worden ist. Die Klägerin gewährte den erwähnten Unternehmungen, darunter der B Holz-Brikett Handelsgesellschaft mbH (im Folgenden B Holz-Brikett) diverse Kredite. Laut Gutachten der hinsichtlich der B Holz-Brikett eingesetzten Sequesterin M (B 3, Bl. 65 ff. d. A.) vom 23. August 1995 valutierten seinerzeit gegenüber der Klägerin 398.244,76 DM. Der Beklagte persönlich hatte bei der Klägerin drei Darlehen aufgenommen, nämlich das Sparkassen-Darlehen 8016102345 über 1.440.000,00 DM (laut Klägerin zum 7. August 1995 einschließlich Zinsen valutierend auf 1.596.156,86 DM), das Sparkassen-Darlehen 801620551 in Höhe von 150.000,00 DM (laut Klägerin zum 7. August 1995 einschließlich Zinsen valutierend auf 162.207,14 DM) und das -- vorliegend streitgegenständliche -- Sparkassen-Darlehen 8016203370 in Höhe von 1.096.000,00 DM, welches nach Angaben der Klägerin zum 7. August 1997 einschließlich Zinsen und Verzugszinsen auf 1.217.024,71 DM valutierte. Zur Absicherung der drei genannten Darlehen waren zu Gunsten der Klägerin Grundschulden am Grundbesitz in U, Grundbuch von U Blatt 1573, über insgesamt 2,4 Mio. DM bestellt worden. Das streitgegenständliche Darlehen war am 4. März 1994 als "Festdarlehen" -- Zinsen und Tilgung rückzahlbar zum 30. Dezember 1994, bei Vereinbarung eines Zinssatzes von 6,75 % -und als "Darlehen gegen Grundschuld" (K 1, Bl. 14 d. A.) unter Absicherung durch Grundschulden am erwähnten Grundbesitz vereinbart worden. Der Beklagte hatte eine Widerrufserklärung nach § 7 VerbrKrG unterschrieben. Als Verwendungszweck war im Darlehensvertrag angegeben:

"Das Darlehen wird zur Umschuldung der Inanspruchnahme aus dem Geschäftskonto, Konto-Nr. 301406532, einschließlich anfallender Zinsen sowie zur Befriedigung des Gläubigers, Herrn L verwendet."

Nach Angaben der Klägerin soll es sich bei dem erwähnten Konto um ein Geschäftskonto der B Holz-Brikett handeln.

Da der Beklagte das Darlehen nicht zum Fälligkeitszeitpunkt und auch nicht nach Mahnschreiben vom 9. Januar 1995 bzw. 8. August 1995 zurückführte, ging die Klägerin gegen den Beklagten aus den geltenden Sicherheiten vor und betrieb die Zwangsversteigerung des in U belegenen Grundbesitzes. Nach Wertfestsetzung gemäß § 74 a Abs. 5 ZVG auf 1,64 Mio. DM mit Beschluss des Amtsgerichts Elmshorn vom 19. Dezember 1997 (B 1, Bl. 62 d. A.) erfolgte zum Az. 63 K 13/96 AG Elmshorn am 6. April 1998 der Zuschlag für ein Bargebot von 1,5 Mio. DM (B 2, Bl. 63 d. A.). Für das streitgegenständliche Darlehen schrieb die Klägerin am 8. Juli 1998 insoweit einen Teilverwertungserlös in Höhe von 927.476,70 DM und am 5. August 1998 einen weiteren Teilerlös in Höhe von 132.968,80 DM gut. Ebenso verringerte sich die Forderung durch Guthaben von 31,98 DM am 8. September 1997 und durch eine Zahlung des Beklagten in Höhe von 27.608,99 DM zum 6. Februar 1998.

Ausgehend von einer zzgl. Vertragszinsen sich zum 1. Januar 1995 auf 1.151.458,00 DM belaufenden fälligen Hauptforderung errechnet die Klägerin auf einen Zinssatz von jeweils 5 % über dem jeweiligen Diskontsatz bzw. Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank einen Zinsschaden in Höhe von insgesamt 371.329,12 DM bis zum 8. August 2000. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Darstellung im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, zur Geltendmachung des Zinsanspruchs berechtigt zu sein. Die Versteigerung sei nicht zu Unrecht betrieben worden. Der Verkehrswert des Grundstücks sei von dem Amtsgericht auf Grundlage eines Sachverständigengutachtens festgesetzt worden. Entgegen der Behauptung des Beklagten habe sie diesen auch nicht falsch beraten, insbesondere hätte dieser keinesfalls eine Hermes-Bürgschaft erlangen können, da er seiner Pflicht zur Erstellung der Bilanzen, des Jahresabschlusses sowie der Lageberichte 1992 und 1993 für die B Holz-Brikett nicht nachgekommen sei. Auch habe sie auf die betrieblichen Sicherheiten der B Holz-Brikett nicht zurückgreifen können, da diese ausschließlich der Absicherung ihrer Forderung gegen die B Holz-Brikett gedient hätten.

Nach Erlass eines Versäumnisurteils, mit welchem der Beklagte verurteilt worden war, an die Klägerin 371.329,12 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank auf 45.018,05 DM seit dem 9. März 2000 zu zahlen, hat die Klägerin auf den Einspruch des Beklagten beantragt,

das Versäumnisurteil vom 5. Dezember 2000 aufrechtzuerhalten.

Der Beklagte hat beantragt,

das Versäumnisurteil vom 5. Dezember 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche nicht zuständen, weil diese sich ihm gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht habe. Das verwendete Darlehen habe Verbindlichkeiten der B Holz-Brikett abdecken wollen. Dass diese risikobehaftet gewesen seien, habe die Klägerin gewusst. Dennoch habe sie es unterlassen, ihn darauf hinzuweisen, dass er seinen Handel durch Hermes-Bürgschaften habe absichern müssen. Auch sei bei der Verwertung seines Grundvermögens sorgfaltswidrig gehandelt worden, da der Zuschlag für einen viel zu geringen Betrag erteilt worden sei; seiner Auffassung nach habe das Objekt nunmehr einen Wert von ca. 3 Mio. DM. Auch habe die Klägerin sich bereits aus dem Grundvermögen und der Warenbestände der B Holz-Brikett befriedigen können. Dies betreffe insbesondere das Inventar, die Lagerbestände an Holzbriketts und ein noch unvermessenes Grundstück in F. Zudem habe die Klägerin die von ihm angestellten Versuche zur freihändigen Veräußerung des Grundvermögens verhindert.

Das Landgericht hat unter Aufrechterhaltung des gegen den Beklagten ergangenen Versäumnisurteils der Klage stattgegeben, da der Zinsanspruch schlüssig dargelegt worden sei, die verwerteten Sicherheiten zur Sicherung des streitgegenständlichen Darlehens gedient hätten und der Beklagte Pflichtverletzungen der Klägerin nicht schlüssig dargelegt habe.

Gegen dieses ihm am 23. Mai 2001 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 8. Juni 2001 rechtzeitig Berufung eingelegt und diese form- und fristgerecht wie folgt begründet:

-- Die Klägerin habe fälschlicherweise die Zinsen auf der Grundlage des § 11 VerbrKrG ermittelt, obwohl es sich bei dem streitgegenständlichen Darlehen um einen Realkredit handele. Für einen derartigen Realkredit müsse eine abstrakte Schadensberechnung aber in jedem Fall zu niedrigeren Zinssätzen führen. Die Verwaltungskosten der Klägerin seien hierbei niedriger als üblich, auch seien keine Refinanzierungskosten angefallen, schon gar nicht mit 3 % (Beweis: Sachverständigengutachten).

-- Auch habe die Klägerin am 8. Juli 1998 und am 5. August 1998 dem Beklagten nur einen Teil der Zwangsversteigerungserlöse gutgebracht. Warum der Rest nicht gutgebracht worden sei und der Betrag selbst erst am 5. August 1998, erschließe sich nicht.

-- Nach Durchführung der mit dem Darlehen bezweckten Umschuldung habe sich auf dem Geschäftskonto Nr. 301406532 der B Holz-Brikett Handelsgesellschaft mbH ein Guthaben befunden. Dieses und weitere Sicherheiten hätte die Klägerin zur Reduzierung der persönlichen Schuld des Beklagten heranziehen müssen.

-- Die Immobilie des Beklagten sei unter Wert versteigert worden.

-- Es sei absehbar gewesen, dass der Beklagte in der Lage gewesen sei, das Darlehen zurückzuzahlen. Damit habe die Klägerin allein eine Zwangslage des Beklagten ausgenutzt, so dass das Darlehen gemäß § 138 BGB unwirksam sei.

Nach eingeschränkter Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt der Beklagte,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage hinsichtlich eines 136.882,12 € (267.718,15 DM) zzgl. 2,5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank auf 23.017,36 € (45.018,05 DM) seit dem 9. März 2000 übersteigenden Betrages abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und vertieft ihr bisheriges Vorbringen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das landgerichtliche Urteil und die gewechselten Schriftsätze sowie die jeweils enthaltenen Bezugnahmen verwiesen.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

Soweit der Beklagte im Rahmen gewährter Prozesskostenhilfe die landgerichtliche Verurteilung zur Zahlung in Höhe von insgesamt 189.857,56 € (371.329,12 DM) zzgl. Zinsen noch angreift, nämlich in Höhe eines die Verurteilung zur Zahlung von 136.882,12 € (267.718,15 DM) zzgl. Zinsen übersteigenden Betrages, begehrt er zu Recht eine Abänderung des Urteils. Dies betrifft zwar nicht die Möglichkeit eines klägerischen Anspruchs auf Ersatz eines Verzugszinsschadens gemäß §§ 286, 288 Abs. 2 BGB selbst, wohl aber dessen geltend gemachte Höhe. Insbesondere kann die Klägerin bei abstrakter Schadensberechnung diesen Zinsschaden -- da es sich bei den dem Beklagten gewährten Kredit um einen unter die Bereichsausnahme des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG fallenden Realkredit handelt -- nicht in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Diskontsatz bzw. Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank gemäß § 11 Abs. 1 VerbrKrG berechnen (1.), sondern -- nur pauschal in Höhe von 2 ½ Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank entsprechend § 479 Abs. 1 S. 2 BGB in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes (2.).

  1. Eine Anwendung von § 11 Abs. 1 VerbrKrG scheitert bereits daran, dass das von der Klägerin dem Beklagten gewährte "Darlehen gegen Grundschuld" vom 4. März 1994 nicht unter den Anwendungsbereich dieser Norm fällt. Zwar steht der Qualifizierung des fraglichen Darlehens als Verbraucherkredit im Sinne des § 1 Abs. 1 VerbrKrG nicht entgegen, dass der Kredit vom Beklagten als Alleingesellschafter und Geschäftsführer der B Holz-Brikett Handelsgesellschaft mbH ersichtlich für deren geschäftliche Zwecke aufgenommen worden ist. Denn weder das Halten von GmbH-Anteilen noch die dortige Tätigkeit als Geschäftsführer ist eine gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG (BGHZ 133, 71, 77 f.; BGH NJW 2000, 3133, 3135), so dass das Darlehen nicht für die bereits ausgeübte gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit des Beklagten bestimmt war.

Die Nichtanwendbarkeit von § 11 Abs. 1 VerbrKrG folgt jedoch aus der in § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG angeordneten Bereichsausnahme für "Kreditverträge, nach denen der Kredit von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht und für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite und deren Zwischenfinanzierungen üblichen Bedingungen gewährt wird". Das dem Beklagten gewährte "Darlehen gegen Grundschuld" fällt unter diese Kreditverträge. Wie nämlich nicht nur die Bezeichnung "Darlehen gegen Grundschuld", sondern insbesondere Ziff.3 ("Sicherheiten") der Darlehensbestimmungen zeigt, konnte das Darlehen erst nach Bestellung näher bezeichneter Grundschulden in Anspruch genommen werden, wobei allerdings nicht Voraussetzung ist, dass der Kredit grundpfandrechtlich vollständig abgesichert worden ist (BGH WM 2000, 1245, 1247). Ebenso kommt es nicht darauf an, ob schon der Abschluss des Kreditvertrages selbst von der Bestellung eines Grundpfandrechts abhängig gemacht worden ist (BGH WM 2002, 536, 536 entgegen KG WM 2001, 1859, 1860). Auch wurde der Kredit zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite üblichen Bedingungen gewährt, da der vereinbarte effektive Jahreszins von 6,75 % für 10 Monate Laufzeit noch etwas unter dem Durchschnittszins von 6,99 % für im März 1994 gewährte 2jährig festverzinsliche Hypothekarkredite lag (Streubreite: 6,43 % bis 8,04 % laut Angaben der Deutschen Bundesbank im Monatsbericht für August 1994, S. 62) und damit der gewährte Kredit selbst unter Berücksichtigung der bei noch kürzeren Laufzeiten generell noch etwas geringeren Verzinsung deutlich in die genannte Bandbreite eingeordnet werden kann. Auf dieser Grundlage erschiene auch unter rein wirtschaftlichen Aspekten eine pauschale Berechnung des Zinsschadens nach der in § 11 Abs. 1 VerbrKrG enthaltenen Formel "5 % über Diskontsatz bzw. Basiszinssatz" als eindeutig übersetzt.

  1. Kommt damit eine Anwendung von § 11 Abs. 1 VerbrKrG nicht in Betracht, so hätte die Klägerin nach den bisher anerkannten Grundsätzen lediglich die Wahl, entweder hinzunehmen, "dass ihr Zinsanspruch auf den marktüblichen Zinssatz der Anlageart beschränkt bleibt, die den geringsten Zinsertrag erbringt" (BGHZ 104, 337, 348) -- dieser Zinssatz dürfte in der Größenordnung des erwähnten Durchschnittssatzes für festverzinsliche Hypothekarkredite anzusiedeln sein -- oder den Anteil einzelner Kreditarten am Gesamtvolumen ihres Aktivkreditgeschäfts derart darzulegen, dass der von ihr beanspruchte Durchschnittszinssatz als an diesem "Mix" orientierter Durchschnitt der jeweiligen Durchschnittszinssätze für marktübliche Sollzinsen anhand der Zinsstatistiken der Deutschen Bundesbank bzw. jetzt der Europäischen Zentralbank errechnet werden kann (hierzu näher BGHZ 104, 337, 347 ff.). Neben diesen Formen einer abstrakten Schadensberechnung hätte die Klägerin es selbstverständlich in der Hand, ihren Schaden bei entsprechender Darlegung einzelfallbezogen und konkret zu berechnen.

Eine derartige Sicht der Dinge würde jedoch unberücksichtigt lassen, dass mit Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes zum 1. Januar 2002 § 497 Abs. 1 BGB nicht nur in S. 1 i. V. m. dem neu gefassten § 288 Abs. 1 BGB die bisher in § 11 Abs. 1 VerbrKrG enthaltene Regelung ersetzt, sondern in S. 2 auch eine neue Regelung für grundpfandrechtlich gesicherte Verbraucherdarlehensverträge enthält. Danach kann der Darlehensgeber den Verzugsschaden pauschal in Höhe von jährlich 2 ½ %-Punkte über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank berechnen.

Zur Begründung hatte die Bundesregierung ausgeführt (BT-Drs. 14/6857, Einzelbegründung zu § 497 Abs. 2 BGB -- E):

"Abs. 1 S. 2 bestimmt nunmehr auch für die in § 491 Abs. 3 Nr. 1 RE genannten Hypothekenkredite einen pauschalierten variablen Verzugszinssatz in Höhe von 2,5 %-Punkten über dem Basiszinssatz. Mit dieser Pauschalierung werden folgende Ziele bezweckt: Zunächst wird die Berechnung des vom Verbraucher in diesen Fällen zu ersetzenden Verzugsschadens vereinfacht. Dies entlastet die Gerichte von einer erheblichen Zahl von Rechtsstreitigkeiten, die in den letzten Jahren zur Höhe des Verzugsschadens bei Verbraucherhypothekenkrediten mit immer anderen Berechnungsarten und -ergebnissen geführt worden sind. Dies führt sowohl für den Darlehensnehmer als auch für den Darlehensgeber zu einer größeren wirtschaftlichen Planbarkeit und Vorhersehbarkeit. Schließlich trägt die Pauschalierung durch die Koppelung an den Basiszins den Bedürfnissen nach einer Anpassung an Veränderungen des allgemeinen Zinsniveaus Rechnung. Nach Einführung eines allgemeinen variablen Verzugszinses in § 188 Abs. 1 RE war der Umstand, dass ein Darlehensgeber bei einem Hypothekendarlehen, welches einem Verbraucher gewährt wird, nach derzeitiger Rechtslage weiterhin auf den festen gesetzlichen Zinssatz von 4 % verwiesen wird, kaum mehr zu rechtfertigen. Auf der anderen Seite kam eine entsprechende Anwendung des pauschalierten Zinssatzes für nicht grundpfandrechtlich gesicherte Standarddarlehen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz nicht in Betracht, da dieser weit über dem tatsächlichen Verzugsschaden bei Hypothekenkrediten gelegen hätte, bei welchen die Refinanzierungskosten erheblich geringer sind. Ein Vergleich zwischen dem Durchschnitts-Refinanzierungssätzen bei Standardkrediten und Hypothekenkrediten verdeutlicht, dass diese bei Realkrediten um ca. 2 bis 3 % geringer sind. Dem trägt die in § 497 Abs. 1 S. 2 bestimmte Zinspauschale von 2,5 %-Punkten über dem Basiszinssatz Rechnung."

Diese Erwägungen treffen nach Auffassung des Senats auf Darlehensverträge, die § 497 Abs. 1 S. 2 BGB n. F. noch nicht unterfallen, jedenfalls grundsätzlich in gleichem Maße zu wie auf Neuverträge. Hinzu kommt, dass auch § 497 Abs. 1 S. 2 BGB selbst weder dem Darlehensgeber noch dem Darlehensnehmer die Möglichkeit abschneidet, im Einzelfall -- und unter konkreter Darlegung -- einen höheren Zinsschaden oder einen niedrigeren Zinsschaden nachzuweisen (§ 497 Abs. 1 S. 3 BGB). Mag auch eine unmittelbar rückwirkend analoge Anwendung des § 497 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB daran scheitern, dass der Gesetzgeber des Verbraucherkreditgesetzes Realkredite sehr bewusst und gerade auch in Anbetracht der Zinsregelung aus dem Anwendungsbereich herausgenommen hat (vgl. BT-Drs. 11/5462, Einzelbegründung zu § 2 RegE-VerbrKrG), so sind die Gerichte -- ähnlich wie bei der rückwirkenden Anwendung des § 11 Abs. 1 VerbrKrG auf vor Inkrafttreten des Verbraucherkreditgesetzes abgeschlossene Altverträge (bejaht von BGHZ 115, 268, 273 f.) -- nicht daran gehindert, den Kreditgebern im Rahmen der §§ 252 BGB, 287 ZPO eine abstrakte Schadensberechnung unter Heranziehung des nunmehr aus § 497 Abs. 1 BGB zu entnehmenden Maßstabes zu gestatten. Dies hat zur Folge, dass der Kreditgeber eines von der Bestellung eines Grundpfandrechts abhängig gemachten und zu für Realkredite üblichen Konditionen verzinsten Darlehens im Rahmen einer abstrakten Schadensberechnung ohne weitere Darlegungen einen Zinsschaden in Höhe von 2 ½ %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz geltend machen kann.

  1. Da Wirksamkeitsbedenken gegen die Darlehensgewährung im Übrigen nicht bestehen und der Beklagte die Annahme der Voraussetzungen eines Verzuges selbst auch nicht mehr angegriffen hat, steht der Klägerin zzgl. einer Resthauptforderung in Höhe von 23.017,36 € (45.018,05 DM) der Ersatz eines -- bei abstrakter Schadensberechnung -- wie folgt zu berechnenden Zinsschadens zu:
 
01.01.1985 bis 30.03.1995 (89 Tage), 7 % auf 19.927,09 DM
1.151.485,00 DM:  
31.03. bis 23.08.1995 (144 Tage), 6,5 % auf 29.938,61 DM
1.151.485,00 DM:  
24.08.1995 bis 14.12.1995 (111 Tage), 6 % auf 21.302,47 DM
1.151.485,00 DM:  
15.12.1995 bis 18.04.1996 (124 Tage), 5,5 % auf 21.814,24 DM
1.151.485,00 DM:  
19.04.1996 bis 17.07.1996 (89 Tage), 5 % auf 14.233,63 DM
1.151.485,00 DM:  
18.07.1996 bis 26.08.1997 (399 Tage), 5 % auf 63.018,22 DM
1.151.607,00 DM:  
27.08.1997 bis 07.09.1997 (11 Tage), 5 % auf 1.731,12 DM
1.133.094,52 DM:  
08.09.1997 bis 05.02.1998 (148 Tage), 5 % auf 23.290,73 DM
1.133.062,54 DM:  
06.02.1998 bis 07.07.1998 (152 Tage), 5 % auf 23.337,35 DM
1.105.453,55 DM:  
08.07.1998 bis 04.08.1998 (27 Tage), 5 % auf 667,45 DM
177.986,85 DM:  
05.08.1998 bis 30.04.1999 (266 Tage), 5 % auf 1.663,17 DM
45.018,05 DM:  
01.05.1999 bis 30.12.1999 (240 Tage), 4,45 % auf 1.335,54 DM
45.018,05 DM:  
01.01.2000 bis 08.03.2000 (68 Tage), 5,18 % auf 440,48 DM
45.018,05 DM:  
  222.700,10 DM

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Unter Berücksichtigung der verbleibenden Hauptforderung resultiert hieraus ein von der Klägerin insgesamt zu beanspruchender Betrag in Höhe von 136.882,12 € (267.718,15 DM) zzgl. weiterer 2,5 % p.a über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 23.017,36 € (45.018,05 DM), so dass auf die Berufung des Beklagten hinsichtlich des klageweise geltend gemachten überschießenden Betrages das erstinstanzliche Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen war.

Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die befürwortete Anwendung der Maßstäbe des § 497 Abs. 1 S. 2 BGB von grundsätzlicher Bedeutung ist (§ 546 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.