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Landgericht Stuttgart
Urteil vom 19.09.2013
6 O 1/13

Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 291.791,98 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus ab 01.01.12 zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Parteigutachterkosten i. H. v. 14.589,60 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 22.01.13 zu bezahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin die noch entstehenden, über den im Antrag Ziff. 2 hinausgehenden Aufwand für die Tätigkeit der Uni Trust AG zu ersetzen hat.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i. H. v. 2.670,85 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 22. 01.2013 zu bezahlen.
5. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
6. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: 367.410,82 €

Tatbestand


Die Klägerin macht Bereicherungsansprüche wegen im Zeitraum von Januar 1998 bis Dezember 2011 von der beklagten Bank unberechtigt verlangter Zinsen und Gebühren geltend.
Die Klägerin vertreibt Software für Unternehmen zur Unterstützung der betrieblichen Zoll-/EU-Abwicklung. Seit 1991 unterhält sie bei der Beklagten für ihren Geschäftsbetrieb ein Kontokorrentkonto. Ausgelöst durch öffentliche Publikationen beauftragte die Klägerin am 05.10.11 die "…" mit einer vollständigen Überprüfung des Kreditvertrages und der Abrechnung durch die Beklagte in den vergangenen Jahren. Diese ließ ein Gutachten über die Zins- und Kontenberechnungen des Kontokorrentkontos der Klägerin erstatten, das zu dem Ergebnis kam, der Klägerin stehe wegen unrichtiger Wertstellungszeitpunkte, Berechnung nicht geschuldeter Überziehungsgebühren und fehlerhafter Zinsberechnungen und -anpassungen eine Forderung i.H.v. 291.791,98 € gegen die Beklagte zu. Unter Vorlage des Gutachtens machte die Klägerin mit Schreiben vom 06.08.12 die ermittelten Erstattungsansprüche gegen die Beklagte geltend, die Beklagte wies die Ansprüche am selben Tag zurück. Daraufhin beauftragte die Klägerin am 13.09.12 ihren Prozessvertreter, der durch Schreiben vom 27.09.12 die Ansprüche eingehend darlegte und geltend machte. Die Beklagte wies die Ansprüche durch Schreiben vom 09.11.12 abermals zurück.


Die Klägerin schloss mit der Beklagten – bzw. mit deren Rechtsvorgängerin - im Laufe der Jahre bis 2008 eine Vielzahl von Vereinbarungen, in denen die Kreditlinie ihres Kontokorrentkontos neu festgelegt wurde. In den Verträgen waren jeweils Zinsanpassungsklauseln enthalten, aufgrund derer die Beklagte in dem Zeitraum vom 24.09.91 bis 02.12.08 Anpassungen vornahm, die der Klägerin jeweils mitgeteilt wurden. Sie erhielt vierteljährlich eine Abrechnung über die angefallenen Zinsen und die Mitteilung der Kontenstände. Am 29.05.08 wurde das Konto erstmals ausgeglichen, seither wurden keine Zinsen mehr berechnet.
Mit der am 21.01.13 zugestellten Klage verlangt die Klägerin die Zahlung von 291.791,98 € sowie die Erstattung bzw. Freistellung von Kosten des eingeholten Parteigutachtens.

Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe auf der Grundlage von unwirksamen Zinsanpassungsklauseln in ihren AGB die Zinsen Jahre lang willkürlich angepasst, die Summe der überhöhten Zinsen ergebe insgesamt 216.207,98 €. Bis September 2007 sei in den Kreditverträgen keine Vereinbarung über die Berechnung von Überziehungszinsen getroffen gewesen, weshalb die Beklagte solche auch nicht habe verlangen dürfen. 75.583,93 € habe die Beklagte in unberechtigter Weise als Überziehungszinsen auf ihrem Konto belastet. Weiter habe die Beklagte im Zeitraum von Januar 1998 bis Dezember 2011 insgesamt 5.330 unkorrekte Wertstellungen vorgenommen. In 4.997 Fällen seien die Gutschriften verspätet erfolgt, in weiteren 333 Fällen seien Lastschriften zu früh wertgestellt worden. Aufgrund von Abweichungen von bis zu fünf Tagen seien ihr Zinsen im Habensaldo i.H.v. 29,60 € vorenthalten worden und unberechtigte Zinsen im Sollsaldo i.H.v. 4.008,80 € belastet worden. Aus den unkorrekten Wertstellungen resultierten Ansprüche i.H.v. 4.038,49 €.


Die Ansprüche der Klägerin seien nicht verjährt. Die quartalsweise anerkannten Salden bewirkten zwar eine Beweislastumkehr, sie unterlägen jedoch der Kondiktion, da die Beklagte unberechtigte Belastungsbuchungen berücksichtigt habe. Die Verjährung von in ein Kontokorrent eingestellten Positionen sei während des Bestehens des Kontokorrentverhältnisses gehemmt; solange der Saldo abredegemäß nicht gefordert werden könne, beginne die Verjährungsfrist nicht zu laufen. Die Ansprüche seien auch nicht verwirkt.

Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin einen Betrag i. H. v. 291.791,98 € nebst einer Nutzungsentschädigung i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus ab dem 01.01.12 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin deren Parteigutachterkosten i. H. v. 14.589,60 € nebst fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin die noch entstehenden, über den im Antrag zu 2. hinausgehenden Aufwand für die Tätigkeit … zu ersetzen hat.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i. H. v. 2.670,85 € nebst fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, die Änderungen der Zinshöhe im Laufe der Jahre beruhten nicht auf einseitig von ihr vorgenommenen Anpassungen, es seien vielmehr wiederholt neue Kontokorrentkreditverträge geschlossen worden, neue Laufzeiten, neue Kreditrahmen und neue Zinssätze ausgehandelt worden. In dem Zeitraum von 1991-2008 sei eine Vielzahl von Anpassungen aufgrund von Gesprächen um die Erhöhung der Kreditlinie erfolgt. Die Zinsen seien nicht einseitig aufgrund der Anpassungsklausel von der Beklagten angepasst worden, es handle sich vielmehr um vereinbarte Zinsen. Unternehmer könnten sich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Zinsanpassungsklauseln nicht berufen. Seit 14.03.03 verwende die Beklagte die Klausel:
"Die Bank ist berechtigt, den variablen Zinssatz unter Berücksichtigung der Veränderungen am Geld- und Kapitalmarkt jeweils in angemessener Weise durch Erklärung gegenüber dem Kreditnehmer zu erhöhen, und verpflichtet, den Zinssatz entsprechend zu senken."


Es habe kein vertragliches Äquivalenzgrundverhältnis gegeben, das 21 Jahre lang bestanden hätte. Es habe vielmehr eine Vielzahl von Anpassungen der Kreditlinie und der Sicherheiten unter Berücksichtigung der aktuellen Umstände ergeben. Der Bundesgerichtshof habe Überziehungszinsen für geduldete Überziehungen grundsätzlich gebilligt und bis zu 4 % über dem üblichen Zinssatz für nicht unangemessen gehalten, hier seien jedoch meistens nur 3 % verlangt worden. Die Rechtsprechung des BGH bezüglich der Vornahme von Wertstellungen betreffe nur private Girokonten. Die Überziehungszinsen habe die Beklagte nicht rechtsgrundlos, sondern aufgrund von Nr. 10 ihrer AGB verlangt. Diese lauteten:
"Nimmt der Kunde Kredit ohne ausdrückliche Vereinbarung über den vereinbarten Betrag oder Fälligkeitstermin hinaus in Anspruch, so hat er statt etwa vereinbarter niedriger Zinsen, Gebühren und Provisionen, die von der Sparkasse für solche Überziehungen bestimmten, im Preisaushang bzw. Preisverzeichnis jeweils ausgewiesenen Zinsen, Gebühren und Provisionen zu bezahlen."


Ähnliche Formulierungen seien in Nr. 18 der Fassung für den Zeitraum von 1993 bis Januar 1995 enthalten gewesen. Die Wertstellungen habe die Beklagte zu den vertraglich vereinbarten Zeitpunkten vorgenommen, diese ergeben sich aus Nr. 9 III AGB (1998) bzw. Nr. 17 II der späteren Fassung für Geschäftskonten. Die Beklagte beruft sich auf die Einrede der Verjährung. Die Klägerin habe nicht erst durch das eingeholte Parteigutachten Kenntnis erlangt, sondern durch die regelmäßig übersandten Kontoauszüge in Verbindung mit den vorliegenden Verträgen. Jedenfalls seien die Ansprüche nach 24-jähriger intensiver Geschäftsbeziehung verwirkt.
Zur Ergänzung des Parteivorbringens wird auf die umfangreichen Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.06.13 Bezug genommen.


Entscheidungsgründe


Der Klägerin stehen gegen die Beklagte Bereicherungsansprüche aus §§ 812I 1 Alt. 1, 818 BGB auf Herausgabe der bis 31.12.2011 überzahlten Zinsen und gezogenen Nutzungen in Höhe von 216.207,98 € zu. Die Klägerin hat gegen die Beklagte außerdem Anspruch auf Erstattung der Kosten des Parteigutachtens sowie der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, §§ 280 I, 286 BGB.


I. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus §§ 812 I 1, 818 BGB auf Rückerstattung zu viel gezahlter Zinsen und gezogener Nutzungen. Die Beklagte hat im Zeitraum zwischen dem 01.01.98 und dem 31.12.11 durch Leistung der Klägerin Zinsen in Höhe von 216.207,98 € ohne rechtlichen Grund erlangt. Weder das 1991 begründete Kontokorrentkreditverhältnis der Parteien, noch die in den Folgejahren getroffenen Vereinbarungen stellen eine rechtliche Grundlage für diese Vermögensverschiebungen dar. Die der Höhe nach nicht substantiiert bestrittenen Kontobelastungen sind auf Grund der in den genannten Verträgen enthaltenen Zinsanpassungsklauseln vorgenommen worden. Diese verstoßen gegen § 307 I 1, II Nr. 1 BGB, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen, von denen sie abweichen, nicht zu vereinbaren sind und dabei die Klägerin als Vertragspartnerin der Beklagte entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.


1. Der Kontokorrentkreditvertrag vom 24.09.91 enthält eine Vereinbarung variabler Zinsen mit dem Zusatz:
"Unberührt von dieser Vereinbarung können wir diese Bedingungen aufgrund der Entwicklung am Geldmarkt jederzeit durch schriftliche Erklärung neu festsetzen."
Die in Bezug genommenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten in der damals gültigen Fassung vom Januar 1986 mit Änderung Mai 1988 enthielt unter Nr. 9 (3) darüber hinaus folgende Bestimmung:
"Die Entgelte werden von der Sparkasse unter Berücksichtigung der Marktgegebenheiten und des Aufwandes nach billigem Ermessen (§ 315 des Bürgerlichen Gesetzbuches) festgelegt."


Die Fassung der AGB aus dem Jahre 1993 formuliert unter Nr. 17 (2):

"Soweit nichts anderes vereinbart ist, werden die Entgelte im Privat-und Geschäftskundenbereich von der Sparkasse unter Berücksichtigung der Marktlage (z.B. Veränderung des allgemeinen Zinsniveaus) und des Aufwandes nach gemäß § 315 des Bürgerlichen Gesetzbuches nachprüfbaren billigen Ermessen festgelegt und geändert..."


2. Diese Zinsanpassungsklauseln gewährten der Beklagten das Recht, den nicht festgeschriebenen Zins einseitig nach ihrem Ermessen zu ändern (§ 315 BGB). Grundsätzlich ist ein Bedürfnis der Banken anzuerkennen, ihre Zinssätze den wechselnden und bei Vertragsschluss meist nicht überschaubaren künftigen Refinanzierungskosten anzupassen und dabei im Massengeschäft des Kreditverkehrs auf kaum realisierbare Individualvereinbarungen zu verzichten. Dies gilt sowohl für Verbraucherkredite als auch für gewerbliche Kredite (BGH NJW 1986,1803).


a) Auch auf die vor der Schuldrechtsmodernisierung geschlossenen Darlehensverträge der Parteien findet seit dem 01. 01.2003 das BGB in der vom 01. 01. 2002 an geltenden Fassung Anwendung, Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB. Auch die vor dem 01. 01. 2002 begründeten Dauerschuldverhältnisse unterstehen nach Ablauf der einjährigen Anpassungszeit dem neuen Recht.


b) Die zitierten Zinsanpassungsklauseln sind als Allgemeine Geschäftsbedingung i. S. von § 305 I BGB anzusehen, sie unterliegen der gerichtlichen Inhaltskontrolle, es handelt sich um vorgedruckte Vertragsformulare.


c) Die Zinsanpassungsklauseln der Beklagte halten der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht stand. Das Zinsanpassungsrecht der Beklagten benachteiligt die Klägerin jeweils ungemessen, weil es weder eine Bindung der Bank an den Umfang des Kostenanstiegs vorsieht, noch eine Verpflichtung der Bank enthält, Kostenminderungen an den Kunden weiterzugeben, ohne dass die Bank insoweit ein Ermessen hat, und deshalb das Äquivalenzverhältnis nicht gesichert ist (BGH, Urteil vom 21.04.09, XI ZR 55/08 und XI ZR 78/08). Preisanpassungsklauseln sind allerdings nicht stets unwirksam, da sie ein geeignetes und anerkanntes Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung bei langfristigen Verträgen sind und dazu dienen, einerseits dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne zu erhalten und andererseits den Vertragspartner davor zu bewahren, dass der Verwender mögliche künftige Kostenerhöhungen vorsorglich schon bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht (BGH NJW 2008, 2172; NJW 2006, 688). Auch im vorliegenden Fall wird die Klägerin unangemessen benachteiligt, da die Zinsanpassungsklausel es der Beklagten ermöglicht, außer der Weitergabe erhöhter Kosten auch zusätzliche Gewinne zu erzielen. Außerdem besteht keine Verpflichtung der Beklagten zur Weitergabe von Kostenminderungen. Dadurch kann die Beklagte das ursprüngliche Äquivalenzgrundgefüge zu ihren Gunsten verschieben und dabei zusätzliche, in den Ausgangsvereinbarungen nicht angelegte Gewinne erzielen.


d) Die Anpassung der Zinsen an die veränderte Marktsituation erfolgte nicht durch individuell getroffene Vereinbarungen.


Soweit die Beklagte einwendet, die Parteien hätten eine Vielzahl von Vereinbarungen aufgrund von mündlichen Verhandlungen über die Erhöhung der Kreditlinie, die Erweiterung der Laufzeiten, neue Sicherheiten und auch um die Höhe von Soll- und Überziehungszinsen getroffen, ändert dies an der Unwirksamkeit der verwendeten Zinsanpassungsklauseln nichts. Aufgrund der Anhörung des Geschäftsführers der Klägerin und der zuständigen Sachbearbeiter Dr. … und … der Beklagten steht fest, dass all die Verhandlungen über den langen Zeitraum hinweg sich im Wesentlichen nur darum drehten, ob die Beklagte bereit war, das Engagement fortzusetzen, die eingeräumte Kreditlinie zu erhöhen und welche Sicherheiten sie dafür verlangte.


Der Geschäftsführer der Klägerin gab an:
"Bei den Verhandlungen waren die Zinsen aber stets vorgegeben, verhandelt wurde nur über die Kreditlinie... mir war klar, dass ich über den Preis mit der Beklagten nicht verhandeln kann. Ich habe darauf vertraut, dass die Zinsen der Landesbank korrekt sind."


Der Sachbearbeiter der Beklagten erklärte:
"Es handelte sich hier jeweils um außerordentlich schwierige Kreditentscheidungen. Es gab da viele Unwegsamkeiten und nicht eingetroffene Prognosen. Dies erforderte jeweils eine neue Entscheidung der Bank. Die Preisverhandlungen waren sehr pauschal… der Preis wurde auch angesprochen. Herr … fragte auch mal, ob die Konditionen verhandelbar seien. Ich musste ihm dies abschlagen… ich denke, es war Herrn Moser bewusst, dass er da nichts rausholen kann. Es war im Grunde eine pauschale Entscheidung: Begleiten wir den Kunden weiter, oder lassen wir das. Ich habe damals an die Idee der Klägerin geglaubt und damals die Sache mitgetragen. Die Verhandlungen drehten sich im Einzelnen nicht um den Preis. Darüber brauchten wir nicht zu reden. Es ging darum, ob wir weitermachen."


Damit steht fest, dass die Verhandlungen der Parteien nicht dazu dienten, die Kreditkonditionen auszuhandeln, sondern die eingeräumte Kreditlinie an den vermehrten Kreditbedarf der Klägerin anzupassen. Für die Beklagte stellte sich jedes Mal von neuem die Frage, ob die Kreditwürdigkeit der Klägerin noch gegeben war und ob eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für das Gelingen des Projekts und damit eine zukünftige Gewinnerwartung für die Fortsetzung ihres Engagements sprachen. Nicht Gegenstand der Verhandlungen war es demnach, in welcher Höhe die Beklagte jeweils Zinsen verlangte und nach welchen Regeln die Anpassung der variabel vereinbarten Zinsen erfolgen würde.


e) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unwirksamkeit formularmäßiger Zinsanpassungsklauseln findet auch im b2b Verhältnis Anwendung. Es ist zwar zutreffend, dass der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung aus dem Jahre 1986 (BGH NJW 1986,1803; 1992, 1751; 1993, 3257), wonach er inhaltlich unbeschränkte Zinsanpassungsklauseln im Aktivgeschäft von Banken nicht wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG (jetzt § 307 BGB) für unwirksam erachtete, sondern im Wege ergänzender Vertragsauslegung einschränkend dahin auslegte, dass sie den darlehensgebenden Kreditinstituten Änderungen des Zinssatzes nicht schrankenlos, sondern nur nach Maßgabe der kapitalmarktbedingten Veränderungen ihrer Refinanzierungskonditionen gestatten und die Bank bei sinkendem Zinsniveau auch zur Herabsetzung des dem Kunden berechneten Zinssatzes verpflichten, aufgrund von Unterlassungsklagen von Vereinen, die Verbraucherinteressen wahrnehmen, geändert hat und sich in den beiden Entscheidungen vom 21.04.09 (XI ZR 55/08 und XI ZR 78/08) nicht explizit mit der Frage befasst hat, ob die Zinsanpassungsklauseln auch im rein unternehmerischen Geschäftsverkehr unwirksam sind. Aus dem Umstand, dass der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung aus dem Jahre 1986 ausdrücklich aufgegeben hat, folgt dies jedoch zwingend. Hätte er die Klauseln nur bei der Verwendung gegenüber Verbrauchern beanstandet, so hätte es einer ausdrücklichen Aufgabe nicht bedurft, es wäre ausreichend gewesen, festzustellen, dass die Zinsanpassungsklausel Verbraucher unangemessen benachteiligt, ob dies auch im unternehmerischen Verkehr der Fall ist, hätte der BGH offen lassen können. Die uneingeschränkte Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung lässt keinen Zweifel daran, dass eine Differenzierung zwischen Unternehmen und Verbrauchern nicht beabsichtigt war. Für dieses Ergebnis spricht weiter der Umstand, dass die Unwirksamkeit der Klausel auf § 307 BGB gestützt wurde, da diese Bestimmung für die Verwendung von AGB gegenüber Unternehmern, juristischen Personen des öffentlichen Rechts und öffentlich-rechtlichen Sondervermögen alleinige Grundlage der Inhaltskontrolle ist, da die Klauselverbote der §§ 308, 309, 310 I BGB insoweit unanwendbar sind.


f) Den Ansprüchen der Klägerin gemäß § 812 I BGB steht nicht entgegen, dass zwischen 1991 und 2011 kein durchgängiges Äquivalenzverhältnis bestand. Die der Klägerin eingeräumte Kreditlinie auf ihrem Girokonto blieb dem Grunde nach unverändert, sie wurde lediglich – gegen Stellung weiterer Sicherheiten – erhöht. Das ursprünglich vereinbarte Äquivalenzverhältnis blieb daher unangetastet.


Es steht zwischen den Parteien außer Streit, dass in dem Zeitraum vom 18.09.91 bis zum 02.12.08 etwa 30 Verträge getroffen wurden, in denen die Höhe der Kreditlinie und deren vereinbarte Rückführung sowie die der Beklagten gestellten Sicherheiten fortlaufend modifiziert wurden (Übersicht Bl. 99 ff. der Akten). Ein Wechsel der Zinsart von fest zu variabel oder umgekehrt wurde anlässlich dieser Folgevereinbarungen jedoch nicht vorgenommen – wie dies in der von der Beklagten zitierten Entscheidung des OLG München vom 09.05.11 (BeckRS 2011,14504) der Fall war. Vielmehr war Gegenstand dieser Verhandlungen nur – insoweit stimmt das Vorbringen der Parteien überein – ob die Beklagte den steigenden Kreditbedarf der Klägerin durch Ausweitung der Kreditlinie mittragen würde. Unter diesen Umständen stellt sich diese vertragliche Beziehung als ein einheitliches Kreditverhältnis dar. Die Verhandlungen zwischen den Parteien dienten nicht jeweils der Herbeiführung eines neuen Geschäftsabschlusses, es ging vielmehr darum, die eingeräumte Kreditlinie an den vermehrten Kreditbedarf der Klägerin anzupassen und um die Frage, ob die Klägerin hinreichende Sicherheiten aufbieten kann. Es mag sein, dass die Beklagte ihr wirtschaftliches Ausfallrisiko bei der (einseitigen) Anpassung der Zinshöhe stillschweigend berücksichtigt hat, diese Änderung der Konditionen stellt jedoch keine Schuldumschaffung dar, da die ursprünglich getroffene Vereinbarung vom 18.09.91/24.09.91 über die Erhöhung des "Kredits in laufender Rechnung" unangetastet blieb. Die in der Folgezeit getroffenen Vereinbarungen nehmen jeweils auf den Kontokorrentkreditvertrag Nr. 8951058 Bezug, der Höchstbetrag und die Sicherheiten wurden angepasst und es wurden Vereinbarungen über die Rückführung getroffen. Die Klägerin hat unbestritten vorgetragen, dass in den Folgevereinbarungen nahezu ausnahmslos der Zinssatz übernommen wurde, der aufgrund der zuvor erfolgten einseitigen Zinsanpassung durch die Beklagte ohnehin bereits bestand. Der jeweils neu vereinbarte Kreditrahmen orientierte sich an der jeweiligen, tatsächlichen Höhe des bereits in Anspruch genommenen Kontokorrentkredits. Unter diesen Umständen war Gegenstand der Verhandlungen jeweils nur die Frage, ob die Beklagte den Umfang der von der Klägerin benötigten bzw. bereits in Anspruch genommenen Kontokorrentlinie ausdrücklich akzeptieren würde oder nicht. Der Sachbearbeiter … der Beklagten hat dies in der mündlichen Verhandlung mit den folgenden Worten auf den Punkt gebracht:
"Es war im Grunde eine pauschale Entscheidung: Begleiten wir den Kunden weiter, oder beenden wir das.... Es ging darum, ob wir weitermachen."


2. Die Beklagte war auch nicht berechtigt, Überziehungszinsen i. H. v. 75.583,93 € zu berechnen. Weder Nr. 10 der AGB aus dem Jahre 1986 noch Nr. 18 der im Jahre 1998 gültigen AGB der Beklagten enthalten hierfür eine wirksame Regelung.
a) Sehen die AGB der Bank vor, dass für die geduldete Überziehung ein höherer Zins zu zahlen ist, als für ein ausdrücklich vereinbartes Darlehen, ist dies AGB-rechtlich nicht zu beanstanden, da sie mit einem erhöhten Arbeitsaufwand wegen der laufenden Überwachung und Disposition verbunden ist. Auf sie hat der Kunde mangels vorheriger Vereinbarung keinen Anspruch. Er kann sie daher selbst dann, wenn es sich um eine Krediterweiterung handelt, nicht zum gleichen Preis wie einen bewilligten Kredit erwarten oder gar verlangen (BGH NJW 1992,1751).


b) Die von der Beklagten verwendeten Klauseln sind jedoch unwirksam, da sie die Klägerin unangemessen benachteiligen, § 307 I BGB. Die Klauseln verweisen jeweils auf Preisaushänge bzw. Preisverzeichnisse, es handelt sich um einen Fall von § 315 BGB. Es gelten daher die für die Zinsanpassungsklauseln entwickelten Grundsätze gleichermaßen. Wirksame Anpassungsklauseln müssen klarstellen, dass die Anpassung der Überziehungszinsen nicht zu einer einseitigen Benachteiligung des Kunden führt, also dass das ursprünglich begründete Äquivalenzgrundverhältnis erhalten bleibt und die Anpassung nach transparenten, überprüfbaren Kriterien erfolgt (BGH NJW 2008, 3422). Es gelten daher die obigen Ausführungen entsprechend.


3. Die Klägerin hat weiterhin Anspruch auf Erstattung der infolge verspäteter Gutschriften bzw. verfrühter Lastschriften ihr belasteter Zinsen in unbestrittener Höhe.


Die in den AGB der Beklagten für die Wertstellungen vorgesehenen Regelungen weichen von den gesetzlichen Regelungen zum Nachteil der Kunden ab. Der Bundesgerichtshof hat bereits im Jahre 1997 entschieden, dass Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank, wonach die Wertstellung eingehender Überweisungsbeträge erst einen Bankarbeitstag nach Eingang erfolgt, die Kunden unangemessen benachteiligen und deshalb unwirksam sind (BGH NJW 1997, 2042). Die Bank sei verpflichtet, eingehende Überweisungsbeträge zeitlich, d.h. wertstellungsmäßig korrekt in das Kontokorrent einzustellen, die Empfängerbank ist verpflichtet, eingehende Überweisungsbeträge gemäß §§ 667, 271 I BGB sofort an den Überweisungsempfänger herauszugeben, die Wertstellung muss an dem Tag erfolgen, an dem der Überweisungsbetrag bei der Bank eingeht und der Empfänger einen Anspruch auf Gutschrift erlangt. Der BGH hat diese Rechtsprechung ausdrücklich auch auf den kaufmännischen Verkehr erstreckt (BGH NJW 1997, 3168).


4. An die Stelle des unwirksamen Zinsanpassungsrechts tritt im Wege ergänzender Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) die Regelung, welche von den Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit der vereinbarten Zinsänderungsklausel nach dem Vertragszweck und angemessener Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) als redliche Vertragspartner gewählt worden wäre (BGH NJW 2008, 3422). Das Gericht hat die maßgeblichen Änderungsparameter selbst zu bestimmen, wobei in sachlicher Hinsicht – insbesondere Bindung an einen aussagekräftigen Referenzzins – und in zeitlicher Hinsicht – Dauer der Zinsperiode – präzise Parameter zu wählen sind, die dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit von Zinsänderungen genügen (BGH Urteil vom 13.04.10 XI ZR 197/09). Die Klägerin hat ein in ihrem Auftrag erstattetes Parteigutachten vorgelegt, das den FIBOR/EURIBOR Dreimonatsgeld/Monatsdurchschnitt als Referenzzinssatz gewählt hat und die Anpassung bei einer Mindestabweichung um 0,25 Prozentpunkte vorgenommen hat. Die Beklagte hat das Ergebnis dieser Neuberechnung nicht bestritten, weshalb das Ergebnis dieses Gutachtens für die Höhe des Rückzahlungsanspruchs zugrundezulegen ist.


5. Der Bereicherungsanspruch der Klägerin ist nicht – auch nicht teilweise - verjährt.


a) Ansprüche aus Bereicherung unterliegen grundsätzlich der Regelverjährung gemäß § 195 BGB – dies galt sowohl nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der bis zum 31.12.01 geltenden Fassung als auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 01.01.02.


aa) Die spezielle, kürzere Verjährung gem. § 197 BGB a. F. ist im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Nach der Rechtsprechung des BGH unterliegt der bereicherungsrechtliche Anspruch auf Rückzahlung rechtsgrundlos erbrachter Zinsen und Tilgungsleistungen der kurzen Verjährung des § 197 BGB a. F., wenn diese periodisch fällig und dementsprechend bezahlt werden, weil in diesem Fall mit jeder Zahlung ein sofort fälliger und damit ein regelmäßig zeitlich wiederkehrender Bereicherungsanspruch entsteht (NJW 1991, 220; 2007, 3127).


Die Anwendung der kurzen Verjährung soll verhindern, dass regelmäßig wiederkehrende Einzelforderungen sich mehr und mehr ansammeln und schließlich einen Betrag erreichen, der vom Schuldner nicht mehr in einer Summe aufgebracht werden kann (BGH NJW 1986, 2564; 2001, 2711). Ferner trägt § 197 BGB a.F. dem Umstand Rechnung, dass es bei regelmäßig wiederkehrenden Leistungen oft sehr schwer ist, sichere Feststellungen für eine Zeit zu treffen, die – auf der Grundlage der regelmäßigen Verjährung nach § 195 BGB a. F. – bis zu dreißig Jahren zurückliegt (BGH NJW 1960, 957; 1986, 2564). Soweit der Zweck der kurzen Verjährung dies gebietet, ist § 197 BGB a. F. auch auf den bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruch nicht geschuldeter sonstiger Kreditkosten anzuwenden (vgl. hierzu BGH NJW 1986, 2564). Dies gilt nach Ansicht des damals noch für das Darlehensrecht zuständigen III. Zivilsenats des BGH auch für den Anspruch auf Rückzahlung des auf Zinsen und Nebenkosten entfallenden Zahlungsanteils, wenn der Kreditnehmer einen nach § 138 I BGB nichtigen Ratenkreditvertrag vorzeitig in einer Summe ablöst (NJW 1990, 1036).


bb) Die kurze Verjährung nach § 197 BGB a. F. greift dagegen nach ihrem Sinn und Zweck nicht ein, wenn die Rückzahlung des Kapitals in selbstständig abzuzahlenden Teilbeträgen erfolgt (BGH NJW 2001, 2711) oder wenn die rechtsgrundlos erbrachten Zinsen und Tilgungsleistungen in einer Summe am Ende der Vertragslaufzeit zu zahlen sind (BGH NJW 2008, 845). Ferner hat der BGH eine Anwendung des § 197 BGB a. F. auf den Rückzahlungsanspruch nach vorzeitiger Ablösung eines Annuitätendarlehens im Falle der Berechnung zu hoher Zinsen auf Grund einer nichtigen AGB-Klausel und der Verwendung des Differenzbetrags zur Tilgung (BGH NJW 1991, 220), für den Anspruch des Darlehensnehmers auf anteilige Rückerstattung des Disagios (NJW 1993, 3257) oder für den Anspruch des Darlehensnehmers auf Rückzahlung der Geldbeschaffungs- und Bearbeitungskosten verneint (NJW-RR 2005, 483), und zwar auch dann, wenn die Kapitalbeschaffungskosten in zwei Teilzahlungen zu erbringen sind (NJW-RR 2001, 1420). In diesen Fällen verbleibt es bei der regelmäßigen Verjährung (BGH NJW-RR 2008, 1224).


cc) Danach gilt für die Ansprüche der Klägerin die Regelverjährung nach § 195 BGB a. F. bzw. § 195 BGB n. F. Die Klägerin begehrt nämlich nicht die Rückzahlung rechtsgrundlos erbrachter Zinsen, die periodisch fällig wurden und entsprechend bezahlt wurden. Zwar ist es unschädlich, dass die Zinszahlungen bzw. die aus den Überzahlungen resultierenden Bereicherungsansprüche der Höhe nach nicht gleichbleibend gewesen sind, da Ansprüche auf regelmäßig wiederkehrende Leistungen auch dann vorliegen, wenn sie betragsmäßig nicht gleichmäßig sind (BGH, NJW 2005, 3146). Entscheidender Unterschied ist hier jedoch, dass die Klägerin keine periodisch wiederkehrenden Zahlungen geleistet hat. Die zwischen den Parteien getroffene Kontokorrentvereinbarung hatte zur Folge, dass die während der Periode unter die Kontokorrentabrede fallenden Ansprüche ihre selbstständige Durchsetzbarkeit verloren ("gelähmt wurden") und erst zum Abschluss der Periode unter Anrechnung der in der Periode erbrachten Leistungen durch den Saldoanspruch ersetzt wurden (Baumbach/Haupt, Handelsgesetzbuch § 355 Rn. 7-9). Tatsächlich wurden diese Saldoansprüche nach Abschluss der Periode jeweils nicht gezahlt, sondern vorgetragen und am nächsten Stichtag mit den neuen Posten saldiert. Die Klägerin hat damit keinerlei periodisch wiederkehrende Zahlungen geleistet, die Berechnung der überhöhten Zinsen durch die Beklagte schlug sich lediglich in dem am Quartalsende gebildeten Saldo nieder, der wiederum auf neue Rechnung vorgetragen wurde. Der nunmehr mit der Klage geltend gemachte Bereicherungsanspruch ist das Ergebnis der fortlaufenden Verbuchungen und Saldierungen im Kontokorrent, er stellt sich als einheitlicher Anspruch dar, der sich nicht in einzelne periodisch fällig werdende, wiederkehrende Zahlungen zerlegen lässt, die ihrerseits der kurzen Verjährung gemäß § 197 BGB a. F. unterliegen. § 197 BGB a. F. ist daher nicht einschlägig.


dd) Die Verjährung einer in das Kontokorrent einzustellenden Forderung ist grundsätzlich gehemmt bis zum Ende der bei ihrer Entstehung laufenden Rechnungsperiode, dann verjährt sie nach den für sie geltenden Vorschriften. Ist der Saldo ohne eine einzustellende Forderung anerkannt, muss der Gläubiger in der für sie geltenden Verjährungsfrist das Anerkenntnis zurückfordern (§ 812 II BGB) und die Forderung zur Einstellung bzw. Zahlung geltend machen (Baumbach/Hopt aaO, Rn 11f.; NJW 1969, 879). Durch die Einstellung in das Kontokorrent wird die Verjährung gehemmt, da die einzelnen kontokorrentpflichtigen Posten nicht selbstständig eingeklagt werden können (vergl. § 202 BGB a. F.). Dem Interesse des Gläubigers, durch die Einstellung der Forderungen in eine laufende Rechnung nicht hinsichtlich der Verjährung benachteiligt zu werden, wird durch diese Hemmung für die Dauer der Bindung durch das Kontokorrent genügend Rechnung getragen.
Die Bereicherungsansprüche der Klägerin wurden zwar nicht in das Kontokorrent eingestellt und daher bei den periodischen Saldierungen nicht berücksichtigt, da sie nach Grund und Höhe nicht bekannt waren. Gleichwohl wären die jeweils zeitgleich mit der Einstellung der überhöhten Zinsbelastungsbuchungen der Beklagten entstandenen Bereicherungsansprüche der Klägerin richtigerweise in das Kontokorrent einzustellen gewesen. Damit war auch die Verjährung der Bereicherungsansprüche der Klägerin gehemmt (§ 202 BGB a. F.).


b) Auf die Ansprüche der Klägerin finden die Verjährungsvorschriften des BGB in der ab dem 01. 01. 2002 geltenden Fassung Anwendung, Art.  229 § 6 Abs. I 1 EGBGB, weil sie am Stichtag noch nicht verjährt waren. Da die Verjährungsfrist nach dem BGB in der seit dem 01. 01. 2002 geltenden Fassung von drei Jahren, § 195 BGB, kürzer ist als die 30-jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB alte Fassung, wird die kürzere Frist vom 01. 01.2002 an berechnet. Voraussetzung für den Beginn der Verjährungsfrist ist gemäß § 199 I BGB n.F., dass der Gläubiger Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 199 I Nr. 2 BGB n. F.).


aa) Der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs aus § 812 I S. 1 1. Alt. BGB hat Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, wenn er von der Leistung und den Tatsachen weiß, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt (BGH NJW 2008, 1729). Der Verjährungsbeginn setzt grundsätzlich nur die Kenntnis der den Anspruch begründenden Tatsachen voraus. Nicht erforderlich ist es in der Regel, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Ausnahmsweise kann die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Fristbeginn dann hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag. In diesem Fall fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn (BGH NJW 2011, 1278). Dabei ist zwar nicht die Kenntnis aller Einzelheiten erforderlich, wohl aber, dass der Gläubiger auf Grund der ihm bekannten oder erkennbaren Tatsachen eine hinreichend aussichtsreiche Klage erheben kann (Palandt/Ellenberger, § 199 Rdnr. 27 m. Nachw.).


bb) Es kann nicht angenommen werden, dass die Klägerin allein auf Grund der ihr unstreitig regelmäßig übersandten Kontoauszüge, in denen die jeweils abgerechneten Zinsen sowie der zu Grunde gelegte Zinssatz ausgewiesen waren, Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen hatte. Die Kontoauszüge vermittelten keine positive Kenntnis von den Tatsachen, die die Voraussetzungen eines Bereicherungsanspruchs erfüllten. Anhand dieser Unterlagen hätte sie das Fehlen eines rechtlichen Grundes für einen Teil der ihr belasteten Zinsen auch nicht erkennen können. Eine Verpflichtung der Klägerin, sich die insoweit erforderlichen Informationen über die Bezugspunkte der Zinsanpassungsrechte, etwa durch Nachfragen bei der Beklagten, zu verschaffen, bestand nicht.


Stellt man insoweit auf eine Kenntnis von den die Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklausel begründenden Umständen ab, so hätte die Verjährungsfrist des § 199 I BGB erst mit dem Schluss des Jahres 2009 zu laufen begonnen, da der Bundesgerichtshof erst im April 2009 seine Rechtsprechung zur Wirksamkeit inhaltlich unbeschränkter Zinsanpassungsklauseln aus dem Jahre 1986 aufgegeben hat. Aber selbst wenn die Klägerin von dieser Entscheidung zeitnah erfahren hätte, hätte sie allenfalls einen vagen Verdacht hegen können, da die von der Beklagten tatsächlich vorgenommenen Zinsanpassungen für sie nicht überprüfbar waren. Die von der Beklagten verwendeten AGB sind zwar unwirksam, da sie es ihr ermöglichen, ihr dort begründetes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zulasten des Kunden auszuüben. Ob dies tatsächlich erfolgt ist, kann die Klägerin selbst bei sorgfältigster Lektüre der Kontoauszüge und aller vorliegenden Verträge nicht überprüfen. Aus den Kontoauszügen ergibt sich nicht, anhand welchen Referenzzinses die Beklagte angepasst hat, welchen Schwellenwert sie zu Grunde legte und ob sie das vereinbarte Äquivalenzgrundverhältnis gewahrt hat. Da die Verträge aber nur die Klauseln "Die Bank ist berechtigt, die Konditionen – insbesondere bei Änderung des Geld- und Kapitalmarktes – zu senken oder zu erhöhen" enthalten, nicht aber die von der Beklagten insofern für maßgeblich gehaltenen Bezugsgrößen, konnte die Klägerin nicht einmal erkennen, anhand welcher Kriterien die Beklagte den Vertragszins senken oder erhöhen konnte, geschweige denn, ob die Voraussetzungen für eine Änderung des Zinssatzes erfüllt waren. Wie schon weiter oben im Zusammenhang mit der Prüfung des Vorliegens einer unangemessenen Benachteiligung erwähnt, fehlt es sowohl an Angaben dazu, welcher Markt und welches Marktsegment gemeint sind, als auch an der Mitteilung eines Referenzzinssatzes. Selbst wenn die Klägerin den Geld- und Kapitalmarkt und dessen Entwicklungen beobachtet hätte, ließe sich auf Grund der fehlenden Angaben Tatsachen-Kenntnis im verjährungsrechtlichen Sinne vor Erhalt des Gutachtens nicht feststellen.


cc) Der Klägerin ist auch keine grob fahrlässige Unkenntnis vorzuwerfen. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt wird und auch ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt werden oder der Gläubiger das nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen. Das Unterlassen einer Nachfrage ist grundsätzlich nur dann grob fahrlässig, wenn weitere Umstände hinzutreten, die das Unterlassen schlicht als unverständlich erscheinen lassen. Generell kann das Unterlassen einer Nachfrage nur dann grob fahrlässig sein, wenn sich der Verdacht einer Schädigung aufdrängte (BGH NJW 2010, 681). So hat der BGH entschieden, dass beispielsweise keine grobe Fahrlässigkeit vorliegt, wenn die Abläufe und Zusammenhänge bei Terminoptionsgeschäften schwer durchschaubar sind (BGH NJW 1994, 3092). Die Bereicherungsansprüche der Klägerin waren ohne die aufwändige Überprüfung des Kreditkontos mit all seinen einzelnen Buchungen nicht erkennbar. Der Geschäftsführer der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich angegeben, er habe während der gesamten Geschäftsbeziehung stets darauf vertraut, dass die von der Beklagten berechneten Zinsen korrekt seien. Von einer den Beginn der Verjährung auslösenden Kenntnis der Klägerin kann daher erst mit Erhalt des Gutachtens ausgegangen werden.


6. Die Ansprüche der Klägerin sind auch nicht verwirkt.


a) Die Verwirkung eines Rechts tritt ein, wenn es von dem Berechtigten über eine längere Zeit nicht geltend gemacht worden ist und der andere Teil sich nach dem gesamten Verhalten darauf einstellen durfte und auch darauf eingerichtet hat, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (Grüneberg in Palandt BGB, 71. Auflage 2012, § 242, Rn. 87 mwNw.). Seit der Möglichkeit, das Recht geltend zu machen, müsste längere Zeit verstrichen sein. Die erforderliche Zeitspanne richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, zu berücksichtigen sind vor allem Art und Bedeutung des Anspruchs, die Intensität des vom Berechtigten geschaffenen Vertrauenstatbestandbestandes und das Ausmaß der Schutzbedürftigkeit des Verpflichteten. Ein Verhalten des Berechtigten, das einem konkludenten Verzicht nahe kommt, mindert die erforderliche Zeitdauer, so etwa die Nichtgeltendmachung des Anspruchs bei einer Abrechnung oder bei Verhandlungen oder die widerspruchslose Hinnahme einer Zurückweisung des Anspruchs. Die Schutzbedürftigkeit des Verpflichteten wird wesentlich bestimmt durch den Umfang seiner Vertrauensinvestitionen und seinen Informationsstand, d.h. ob er vom Recht des anderen Teils wusste, wissen musste oder ob er gutgläubig war (Grüneberg aaO, Rn. 93).


b) Im vorliegenden Fall fehlt es schon am Zeitmoment. Die Klägerin hat erstmals im Jahre 2011 Zweifel an der korrekten Zinsanpassung und Verbuchung von Gutschriften bzw. Lastschriften durch die Beklagte erlangt, hinreichende Kenntnis von ihren Ansprüchen trat erst mit der Vorlage des Gutachtens durch die … im Jahre 2012 ein. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte auch nicht schutzbedürftig ist. Sie wusste seit der Veröffentlichung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21.04.09, dass sie seit vielen Jahren Zinsanpassungen ohne wirksame Rechtsgrundlage vorgenommen hatte, die bei der Klägerin – und bei vielen anderen Kunden auch – zu ungerechtfertigten Mehrbelastungen in erheblichem Umfang geführt hatten. Zwar sind die Belastungsbuchungen durch die fiktiven Genehmigungen der Rechnungsabschlüsse aufgrund der Genehmigungsregelung in den AGB formal gedeckt, diese unterliegen jedoch allesamt der Kondiktion gem. § 812 II BGB. Das Vertrauen der Beklagten auf die anhaltende Unkenntnis ihrer Kunden von ihren Ansprüchen ist aber nicht schutzwürdig, damit fehlt es auch am Umstandsmoment.


II. Die Klägerin hat Anspruch auf Erstattung der Kosten, die durch die Konsultation der … entstanden sind (§§ 280 I, 249 BGB). Kosten von Sachverständigengutachten sind grundsätzlich zu ersetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Angesichts der Komplexität der Materie wäre es weder der Klägerin noch ihren Prozessbevollmächtigten möglich gewesen, diese Klage ohne das zuvor eingeholte Gutachten zu erheben. Die Vereinbarung des Erfolgshonorars ist nicht zu beanstanden. Es ist gerichtsbekannt, dass es nur sehr wenige qualifizierte Sachverständige auf diesem Gebiet gibt und dass die Überprüfung von Kreditkonten angesichts des außerordentlich hohen Zeitaufwandes generell mit sehr hohen Kosten verbunden ist. Die Beklagte hat die Gutachterkosten weder nach Grund noch Höhe substantiiert angegriffen.


III. Die Klägerin hat weiter Anspruch auf Ersatz der unbestrittenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gem. § 286 I BGB. Die Klägerin hat ihre Ansprüche bereits vor Beauftragung ihrer jetzigen Prozessvertreter am 06.08.12 gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Die Beklagte war mit der Erfüllung dieser Forderung bereits im Verzug, als die jetzigen Prozessbevollmächtigen der Klägerin sie erneut zur Zahlung aufforderten. Der Kostenerstattungsanspruch wurde aus dem korrekten Streitwert berechnet, der Ansatz einer 1,8 fachen Geschäftsgebühr begegnet angesichts der außerordentlich schwierigen Materie keinen Bedenken.


IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlage in § 709 ZPO.