Die Beklagte ist auch nicht gemäß § 242 BGB berechtigt, die von ihr verlangte Auskunft bzw. Neuberechnung zu verweigern. Das insoweitige Verlangen des Klägers ist nämlich nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 242 BGB.

 

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Amtsgericht Siegen
Urteil vom 09.01.1998
30 C 2468/97

 

I.    Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, welche Ge-bühren für Barein- bzw. Auszahlungen bezüglich der Girokonten des Klägers mit den Nummern XX und XX für den Zeitraum 01.01.1987 bis 31.12.1996 erhoben wurden.

Weiterhin wird die Beklagte verurteilt, die für die beiden vorgenannten Konten in diesem Zeitraum angefallenen Gebühren neu zu berechnen.


II.    Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger bezüglich des-sen Girokonten mit den Nummern XX und XX zu Unrecht erhobene Gebühren für den Zeitraum vom 01.01.1987 bis zum 31.12.1996 zu erstatten.


III.    Die Kosten des Rechtstreits werden der Beklagten auferlegt.


IV.    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Entscheidungsgründe:


Die Klage ist begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch gemäß §§ 675, 666, 259 BGB auf Aus-kunft darüber zu, welche Gebühren die Beklagte für Barein- bzw. Auszahlungen bezüglich der Girokonten des Klägers mit den Nummern XX und XX im Zeitraum vom 01.01.1987 bis zum 31.12.1996 erhoben hat und auf Neuberechnung der in dem vorgenannten Zeitraum angefallenen Gebühren.

Dieser Anspruch ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Kläger von der Beklagten re-gelmäßig Tageskontoauszüge und Rechnungsabschlüsse erhalten hat. Für einen berechtigten Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung kommt es darauf insbesondere nicht an, wenn der Bankkunde mit der Begründung, ihm lägen einzelne Tagesauszüge oder Belege nicht mehr vor, die Hilfe seines Kreditinstituts in Anspruch nimmt (vgl. OLG Hamm, WM 1992, 1100).

Der Anspruch auf Auskunftserteilung und Neuabrechnung ist auch nicht dadurch ausge-schlossen, dass die Beklagte dem Kläger eine pauschale Erstattung zuviel gezahlter Gebüh-ren in Höhe von DM 36,00 pro Konto angeboten hat. Die Beklagte hat insoweit nicht nach-vollziehbar dargelegt, dass die der Berechnung zugrunde gelegten Durchschnittsbuchungs-posten pro Konto denjenigen Buchungsposten entsprechen, die der Kläger bezüglich seiner Konten getätigt hat.

Die Beklagte ist auch nicht gemäß § 242 BGB berechtigt, die von ihr verlangte Auskunft bzw. Neuberechnung zu verweigern. Das insoweitige Verlangen des Klägers ist nämlich nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 242 BGB. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Be-klagte selbst einräumt, in der Vergangenheit die Gebühren für Barein- bzw. Auszahlungen des Klägers falsch berechnet zu haben. Die Beklagte trägt selbst vor, ab 1991 drei Freibuchungen im Monat ihren Kunden gewährt zu haben. Die Beklagte wäre aber verpflichtet gewesen, Bargeldaus- und –einzahlungen an Kassen für eigene private Girokonten kostenfrei zu stellen, sofern sie fünf Posten oder weniger pro Monat ausmachen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass den vom Kläger zu den Akten gereichten Kopien einiger Kontoauszüge bezüglich der fraglichen Girokonten hinsichtlich der Buchungsposten „Gebühren“ nicht zu entnehmen ist, wie sich die jeweilige betreffende Summe zusammensetzt. Dem Kläger ist es anhand der aufgelisteten Buchungspositionen nicht möglich, die angefallenen Gebühren der letzten Jahre zu ermitteln. Mit Hilfe der Kontoauszüge kann der Kläger die einzelnen Gebüh-ren jedenfalls nicht ermitteln, da zwischen Gebühren für Überweisungen, Daueraufträge etc. nicht unterschieden wird, sondern alle gebührenpflichtigen bzw. vermeintlich gebührenpflicht-igen Transaktionen in einer Buchungsposition jeweils zusammengefasst werden, ohne dass eine Rekonstruktion der abgerechneten Gebühren möglich ist.

Der Auskunfts- und Neuberechnungsanspruch ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, weil die Beklagte nicht in der Lage ist, die Buchungsunterlagen der letzten Jahre einzusehen. Der zwischen den Parteien geschlossene Girovertrag mit Kontokorrektabrede ermöglicht zwar die Anwendung des § 257 Abs. 4 HGB mit der Folge, dass die Beklagte die Buchungsbelege nur für die Dauer von sechs Jahren aufzuheben hat. Die Beklagte hat jedoch nicht nachvoll-ziehbar dargelegt, dass in ihrem Hause die Buchungsunterlagen auf Microfiche verfilmt nicht vorlägen. Demgemäß ist davon auszugehen, dass der Beklagten eine erneute Abrechnung bezüglich zuviel gezahlter Gebühren des Klägers auch für einen Zeitraum, der länger als sechs Jahre zurückliegt möglich ist.

Aus den vorgenannten Ausführungen folgt, dass der Kläger gegen die Beklagte gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung zuviel berechneter Gebühren hat. Da dem Kläger eine Bezifferung dieses Rückzahlungsanspruchs derzeit nicht möglich ist, was die vorgenannte Erstattungspflicht als bestehend festzustellen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz, 708 Nr. 11, 713 ZPO.