Diese Kreditlinie wurde jedoch nicht durch wenige einzelne Kontobelastungen ohne Zustimmung der Klägerin überschritten, sondern die Klägerin hat, wie sie selbst einräumt, nach Überschreitung dieser Kreditlinie die Kontoüberziehung durch zahlreiche Kontoverfügungen bis zu dem schließlich von ihr geltend gemachten Saldo von über DM 5 Mio. geduldet. Sie hat damit stillschweigend die Kreditlinie für den gewährten Kontokorrentkredit erhöht.

 

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Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil vom 04.12.1997
12 U 102/97


1.    Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 12.03.1997 – 3 O 419/96 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hünefeld vom 11.09.1996 – 15 B 173 769/96 – bleibt insoweit aufrechterhalten, als der Beklagte verurteilt wurde, an die Klägerin DM 500.000 nebst 5 % Zinsen über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank hieraus seit 21.06.1995 zu bezahlen.
Im Übrigen wird er aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2.    Die weitergehende Berufung wir zurückgewiesen.
3.    Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
4.    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung seitens der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 637.000 abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheiten können auch durch schriftliche selbstschuldnerische Bürgschaft eines in der Bundesrepublik Deutschland als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.
5.    Der Wert der Beschwerde des Beklagten übersteigt DM 60.000,00.


Tatbestand

Gegenstand des Rechtsstreits sind Forderungen der Klägerin aus einem Kontokorrentkredit, den die Klägerin auf dem Konto XXX den Gesellschaftern der S. GbR, bestehend bei Kontoeröffnung aus Herrn A. S. und Frau A. B. gewährte.
In dem Kontoeröffnungsvertrag (Anlage K 3, AS I 45) ist vereinbart, dass das Ausscheiden eines Gesellschafters der Klägerin unverzüglich mitzuteilen ist. Der ausscheidende Gesellschafter haftet für alle Verbindlichkeiten, die bis zum Eingang dieser Anzeige entstanden sind.


Die Klägerin sagte den Gesellschaftern der S. GbR zu, einen Kredit in Höhe von DM 1 Mio. zur Verfügung zu stellen (Anlage K 4, AS I 47). Das Einverständnis hiermit erklärte names der S. GbR der Beklagte (Anlage K 4, AS I 47).
In der Folgezeit wurde nicht nur der vereinbarte Kredit von DM 1 Mio. in Anspruch genommen, sondern die Klägerin duldete weitere Überziehungen des Kontokorrentkontos.


Zwischen dem Gesellschafter S. und dem Beklagten existierte ein Treuhandvertrag (Anlage K 2, AS I 13). Danach hielt Herr S. den hälftigen Gesellschaftsanteil an der S. GbR treuhänderlisch für den Beklagten. Nach § 5 des Treuhandsvertrags stellt der Treugeber (der Beklagte), den Treuhänder (Herrn S.) von allen Ansprüchen frei, die gegen den Treuhänder aufgrund seiner Gesellschaftserstellung erhoben werden. Diesen Freistellungsanspruch hat Herr S. an die Klägerin abgetreten (Anlage K 24, Anlagenband I). Das Treuhandverhältnis wurde vom Beklagten am 10.07.1991 gekündigt (Anlage B 5, Anlagenband II). Die Kündigung wurde von Herrn S. durch Schreiben vom 10.07.1991 (Anlage B 6, Anlagenband II) bestätigt. Durch Schreiben vom 11.07.1991 teilte der Beklagte unter einem Briefkopf der S. GbR Herrn S. mit, dass der Gesellschaftsanteil mit sofortiger Wirkung auf ihn übergeht und Herr S. hiermit aus allen Verpflichtungen, die aus Forderungen und Verbindlichkeiten gegen die Gesellschaft bestehen, mit sofortiger Wirkung entbunden ist.


Die Klägerin wurde erst durch Schreiben vom 26.10.1992 (Anlage K 16, Anlagenband I) darüber informiert, dass Herr S. aus der Gesellschaft ausgeschieden ist und der Beklagte den Anteil von Herrn S. übernommen hat. In diesem Schreiben ist darauf hingewiesen, dass der Beklagte in alle Rechte des Vertragsverhältnisses eintritt. Einzelunterschriftsberechtigung hätten nunmehr der Beklagte und Frau B.


Auch die Mitgesellschafterin B. schied in der Folgezeit aus. In einen Vertrag mit dem Datum 29.02.1992 (Anlage K 8, AS I 52) zwischen dem Beklagten und Frau B. ist vereinbart, dass Frau B. mit Wirkung vom 29.02.1992 ausscheidet und der Beklagte „die Gesellschaft“ unter Übernahme sämtlicher Aktiven und Passiven fortführt. Der Auseinandersetzungsvertrag zwischen dem Beklagten und Frau B. hält u. a. fest, dass der Beklagte den Gesellschaftsanteil von Herrn S. mit Wirkung vom 10.07.1991 übernommen hat (Anlage K 8, AS I 52). Der Beklagte trägt vor, dass der Vertrag mit Frau B. erst am 01.06.1993 abgeschlossen und rückdatiert worden sei.


Mit Einschreibebrief vom 10.10.1994 (Anlage K 6, AS I 49) kündigte die Klägerin das Konto mit sofortiger Wirkung. Der Kontoabschluss der Klägerin wies per 07.10.1994 einen Sollsaldo von DM 5.724.207,73 € aus. Das Kündigungsschreiben war an die S. GbR, Geschäftsleitung, in M. gerichtet. Diese Anschrift war der Klägerin durch Schreiben des Beklagten vom 11.11.1993 mitgeteilt worden (Anlage K 21, Anlagenband I). Der Beklagte hat die Entgegennahme des Kündigungsschreibens verweigert, weil er nicht Inhaber der Firma S. GbR sei.


Nachdem die Klägerin den Beklagten wegen des Kontosaldos zur Zahlung aufgefordert hatte, teilte dieser durch Schreiben vom 12.06.1995 (Anlage K 19, Anlagenband I) mit, dass die Firmenanteile an die H. F. AG mit Sitz in der Schweiz übertragen worden seien. Diese Firma befindet sich im Konkurs.


Durch Schreiben vom 08.08.1991 (Anlage B 11, Anlagenband II) hat die Firma H. F. AG die Übernahme des Gesellschaftsanteils des Beklagten Rechtsanwalt B., dem Ehemann und Bevollmächtigten der Gesellschafterin B., mitgeteilt. Gleiches erklärte der Beklagte durch Schreiben vom 01.08.1991 (Anlage B 10, Anlagenband II) gegenüber Rechtsanwalt B. Durch Schreiben vom 23.09.1991 (Anlage B 12, Anlagenband II) hat Rechtsanwalt B. gegenüber der H. F. AG, gerichtet auch an den Beklagten, erklärt, dass hiermit Einverständnis bestehe.


Durch Schreiben vom 26.07.1991 (Anlage B 36, 3. Blatt, Anlagenband II) hat die H. F. AG dem Beklagten Generalvollmacht für die S. und Partner GbR erteilt.
Durch Schreiben vom 15.01.1992 (Anlage B 35, Anlagenband II) beauftragte die H. F. AG den Beklagten den Anteil von Frau B. in seinem Namen zu Gunsten der H. F. AG zu erwerben.
Die Klägerin behauptet, dass der Kontensaldo zutreffend sei. Sie ist der Auffassung, dass der Beklagte als Gesamtrechtsnachfolger der Firma S. GbR für den Kontensaldo hafte. Der Beklagte habe dem letzten Kontoabschluss, der wunschgemäß an seine Adresse übersandt habe, nicht innerhalb eines Monats widersprochen. Gemäß Ziffer 7 Abs. 2 der vereinbarten AGB sei der Kontoabschluss damit genehmigt.


Die Klägerin hat durch Vollstreckungsbescheid einen Teilbetrag von DM 500.000 des Kontosaldos gegen den Beklagten geltend gemacht. Gegen den ihn am 18.09.1997 zugestellten Vollstreckungsbescheid hat der Beklagte durch am 19.09.1997 eingegangenes Schreiben Einspruch eingelegt.

Die Klägerin hat beantragt,
        den Vollstreckungsbescheid aufrecht zu erhalten.

Der Beklagte hat beantragt,
        den Vollstreckungsbescheid aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, er habe den Gesellschaftsanteil an der Firma S. GbR nur wenige Tage inne gehabt, so dass er nur für diesen Zeitraum für Verbindlichkeiten haften könne. Mit Kaufvertrag vom 26.07.1991 habe er den Gesellschaftsanteil an die H. F. AG übertragen (Anlage B 8, Anlagenband II). Während seiner Mitgliedschaft in der S. GbR sei das Konto nur mit einer einzigen Verfügung über DM 2.040,60 belastet worden. Dieser Betrag sei außerdem durch Gutschriften wieder ausgeglichen worden. Die Forderung sei außerdem durch die Hinzunahme von Zinsen „aufgebläht“ worden. Er habe zu keinem Zeitpunkt einen Kontoauszug oder gar einen Rechnungsabschluss erhalten. Ein Kontoabschluss sei nie anerkannt worden.


Das Landgericht hat gemäß § 128 Abs. 2 das schriftliche Verfahren angeordnet und auf den letzten Schriftsatz des Beklagten, mit welchem dieser den Zugang des Rechnungsabschlusses bestritten hat und welcher der Klägerin erst nach dem Ende der Schriftsatzfrist zugegangen ist, die Klage abgewiesen. Die Klageabweisung wurde darauf gestützt, dass Die Klägerin den Zugang von Rechnungsabschlüssen nicht nachgewiesen und die Zusammensetzung des von ihr behaupteten Kontensaldos im einzelnen nicht vorgetragen habe.


Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, mit welcher diese ihr erstinstanzliches Klagebegehren in vollem Umfang weiterverfolgt.
Die Klägerin ergänzt und wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist der Meinung, dass das erstinstanzliche Urteil an einem Verfahrensfehler leide, weil sie zu dem letzten Schriftsatz des Beklagten im landgerichtlichen Verfahren keine Gelegenheit zur Stellungnahme hatte.


Im Berufungsrechtszug hat die Klägerin die Kontounterlagen mit den einzelnen Buchungsvorgängen vorgelegt (2 Leitzordner). Der Beklagte trägt hierzu vor, dass die in der Anlage BU 2 (Anlagenband OLG) durch handschriftliches Kreuz gekennzeichneten Buchungsvorgänge von ihm veranlasst wurden.

Der Beklagte hat im Berufungsrechtszug die Auffassung vertreten, dass die Klägerin im einzelnen darlegen müsse, auf welche Forderung sich der mit der Klage geltend gemachte Teilbetrag beziehe. Außerdem ergebe sich aus der Kontostaffel, dass das Konto am 10.07.1991 einen Negativsaldo von DM 5.605,92 und am 01.08.1991 einen Negativsaldo von DM 11.090,52 aufgewiesen habe. Der Beklagte habe ohnehin nur für den Zeitraum vom 11.07.1991 bis 31.07.1991 einzustehen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig und in ganz überwiegendem Umfang begründet.

I.
Zutreffend weist die Klägerin in ihrem Berufungsvortrag darauf hin, dass das erstinstanzliche Urteil verfahrensfehlerhaft zustande gekommen ist.

Das Verfahren vor dem Landgericht hat den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Die Klägerin hatte ihren Klageanspruch in dem vom Landgericht angeordneten schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO jedenfalls mit ihrem letzten in diesem Verfahren eingereichten Schriftsatz in zunächst ausreichender Form vorgetragen. Sie hatte behauptet, dass dem Beklagten der Rechnungsabschluss übersandt worden sei und gemäß den vereinbarten AGB mangels Widerspruchs innerhalb eines Monats als genehmigt gelte. Der Beklagte hat in einem Schriftsatz, auf welchen die Klägerin im angeordneten schriftlichen Verfahren nicht mehr reagieren konnte, bestritten, einen Rechnungsabschluss erhalten zu haben. Das Landgericht war in dieser Situation verpflichtet, der Klägerin Gelegenheit zu geben, im Hinblick auf das Bestreiten des Beklagten durch Einräumung einer weiteren Schriftsatzfrist oder durch Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung weiter vorzutragen (BVerfGE 50, 280; Zöller-Greger, ZPO, 20. Aufl., § 128 Rdnr. 18). Der Senat hat davon abgesehen, gemäß § 539 ZPO das Verfahren an das Landgericht zurückzuverweisen und gemäß § 540 ZPO von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, in der Sache selbst zu entscheiden.


II.
Die Klage ist zulässig.

Der Streitgegenstand der Teilklage ist gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt. Wenn sich eine eingeklagte Forderung aus mehreren Einzelpositionen im Sinne verschiedener materiellrechtlicher Ansprüche zusammensetzt und nur ein Teil der Gesamtsumme eingeklagt wird, so muss der Kläger allerdings gemäß § 253 Abs. 2 Satz 2 ZPO angeben, wie sich die Gesamtsumme auf die verschiedenen Ansprüche verteilt (BGH NJW 1990, 0268). Ansonsten bleibt die Rechtskraft einer dennoch ergehenden Entscheidung unbestimmt. So liegt der vorliegende Fall allerdings nicht. Die Klägerin macht einen Teil eines einzigen materiellrechtlichen Anspruches, nämlich des Überschusses nach § 355 Abs. 3 HGB, geltend. Hierzu kann sich der Kläger darauf beschränken, dass letzte Saldoanerkenntnis und etwaige danach eingetretene Änderungen des Saldos dazutun. Sofern ein Saldoanerkenntnis nicht zu beweisen ist, muss der Kläger zur Geltendmachung des Überschusses nach § 355 Abs. 3 HGB auf die in das Kontokorrent eingestellten Einzelforderungen zurückgreifen und dazu vortragen (BGH NJW 1991, 2908; BGHZ 49, 24). Im vorliegenden Fall kann die Klägerin den Zugang des Rechnungsabschlusses und dessen Genehmigung nach § 7 Abs. 2 ihrer AGB nicht nachweisen. Sie muss demgemäß auf die in das Kontokorrent eingestellten Einzelforderungen zurückgreifen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie nunmehr die in das Kontokorrent eingestellten Einzelforderungen geltend macht. Mit der Einstellung in das Kontokorrent verlieren die einzelnen Forderungen ihrer Selbstständigkeit und stehen sich nicht mehr als Einzelforderungen gegenüber (RGZ 76, 331, 333; Bohnenberg, HGB, § 335 Rdnr. V). Sie sind keine selbstständigen Forderungen mehr, von welchen mit der Klageforderung jeweils ein Teil geltend gemacht wird, sondern unselbstständige Rechnungsposten des einheitlichen Anspruchs nach § 355 Abs. 3 HGB (vgl. auch Schellhammer, Zivilprozess, 5. Aufl., Rdnr. 55). Die Klägerin macht von diesem einheitlichen Anspruch nach § 355 Abs. 3 HBG mit der Klage in zulässiger Weise einen Teilbetrag geltend.

 

III.

Die zulässige Klage ist hinsichtlich der Hauptforderung auch in vollem Umfang begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch gemäß § 355 Abs. 3 HGB gegen den Beklagten zu.
1.    Eine Kündigung des Kontokorrentverhältnisses wäre zur Fälligstellung der Forderung entbehrlich, wenn Gegenstand der vorliegenden Klage nicht die Rückzahlung eines eingeräumten Kontokorrentkredits, sondern eines reinen Überziehungskredits wäre (vgl. hierzu Canaris in HGB-Großkomm., Bankvertragsrecht, Zweitbearbeitung 1981, Rdnr. 1349). Bei einem Überziehungskredit kann die Bank auch ohne Kündigung jederzeit die Rückzahlung verlangen (BGHZ 73, 207,208). Von einer bloßen ungenehmigten Kontoüberziehung kann jedoch vorliegend nicht ausgegangen werden. Zwar hat die Klägerin der Firma S. GbR lediglich eine Kreditlinie von DM 1 Mio. eingeräumt. Diese Kreditlinie wurde jedoch nicht durch wenige einzelne Kontobelastungen ohne Zustimmung der Klägerin überschritten, sondern die Klägerin hat, wie sie selbst einräumt, nach Überschreitung dieser Kreditlinie die Kontoüberziehung durch zahlreiche Kontoverfügungen bis zu dem schließlich von ihr geltend gemachten Saldo von über DM 5 Mio. geduldet. Sie hat damit stillschweigend die Kreditlinie für den gewährten Kontokorrentkredit erhöht.


2.    Die Klägerin hat das Kontokorrentverhältnis wirksam gekündigt. Die Entgegennahme der Kündigungserklärung hat der Beklagte unberechtigt verweigert, weshalb die Kündigungserklärung als im Zeitpunkt des Angebots zur Aushändigung zugegangen gilt (vgl. BGH NJW 1983, 930; Palandt-Heinrichs, BGB, 56. Aufl., § 130 Rdn. 16). Unabhängig von der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob der Beklagte zu diesem Zeitpunkt tatsächlich seinen Gesellschaftsanteil auf die Firma H. F. AG übertragen hatte, durfte der Beklagte die Annahme des Kündigungsschreibens nicht verweigern. Der Beklagt selbst hatte der Klägerin durch Schreiben vom 11.11.1993 die Anschrift benannt, an welche das Kündigungsschreiben gerichtet worden war. Der Beklagte hatte der Klägerin durch Schreiben vom 26.10.1992 außerdem mitgeteilt, dass er den Gesellschaftsanteil von Herrn S. übernommen hatte. Eine Weiterübertragung seines Geschäftsanteils auf die Firma H. F. AG war der Klägerin dagegen nicht mitgeteilt worden. Zudem war dem Beklagten nach seinem eigenen Vortrag Generalvollmacht seitens der Firma H. F. AG eingeräumt worden. Auch aus diesem Grunde durfte er die Annahme des Kündigungsschreibens nicht verweigern. Der Beklagte selbst stand mit der Klägerin außerdem nach wie vor in Rechtsbeziehungen (siehe dazu nachfolgend unter 4.) und musste aufgrund der Inanspruchnahme des Kontokorrentkredits weit über das ausdrücklich vereinbarte Limit hinaus mit einer Kündigungserklärung seitens der Klägerin rechnen. Die Verweigerung der Annahme des Kündigungsschreibens stellt sich unter diesen Umständen als treuwidrig gemäß § 242 BGB dar. Im übrigen ist dem Beklagten zumindest im Rahmen dieses Rechtsstreits die Kündigungserklärung zugegangen.

Die Klägerin war auch gemäß Ziffer 19 Abs. 2 ihrer AGB zur Kündigung berechtigt. Nach dieser Klausel kann die Klägerin Kredite und Kreditzusagen, für die weder eine Laufzeit noch eine abweichende Kündigungsregel vereinbart ist, jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Allerdings hat die Klägerin hierbei auf die berechtigten Belange des Kunden Rücksicht zu nehmen. Dass im vorliegenden Fall berechtigte Belange entgegenstanden, wird vom Beklagten nicht geltend gemacht.


3.    Die Klägerin hat nachvollziehbar jedenfalls einen ihr aus dem Kontokorrentkreditverhältnis zustehenden Gesamtsaldo in Höhe von DM 500.000 dargelegt. Bereits die vom Beklagten in der Anlage BU 2 (Anlagenheft Oberlandesgericht) als eigene Verfügungen anerkannten Kontobelastungen führen zu einem entsprechenden Saldo. Im übrigen hat der Beklagte bis auf die Zinsbelastungen die übrigen Kontoverfügungen auch nicht als unberechtigt zurückgewiesen.


4.    Der Beklagte haftet der Klägerin für den Kontokorrentsaldo. Der Beklagte hat hierfür als Gesellschafter der S. GbR einzustehen. Der Beklagte ist durch rechtsgeschäftliche Übertragung des Gesellschaftsanteils des Gründungsgesellschafters S. auf ihn Gesellschafter der S. GbR geworden. Zwar sieht der Gesellschaftsvertrag der S. GbR (Anlage K 1, AS I 43) keine Übertragung eines Gesellschaftsanteils vor. Sämtliche Gesellschafter waren sich jedoch mit dem Beklagten dahingehend einig, dass der Gesellschaftsanteil des Herrn S. auf den Beklagten übergehen sollte. Ein derartiger Wechsel in der Person des Gesamthänders bei Zustimmung aller Gesellschafter ist zulässig (Staudinger-Keßler, 12. Aufl., § 736 Rdnr. 18). Dass die Einwilligung der Gesellschafterin B. vorlag, ergibt sich schon daraus, dass diese zu einem späteren Zeitpunkt ihr Ausscheiden aus der Gesellschaft mit dem Beklagten vereinbart hat. Dies ist naturgemäß nur möglich, wenn der Beklagte zunächst anstelle von Herrn S. Gesellschafter geworden ist. Außerdem hat der Ehemann und Vertreter der Gesellschafterin B., Herr Rechtsanwalt B., durch Schreiben vom 23.09.1991 mitgeteilt, dass gegen einen Wechsel des Gesellschaftsanteils vom Beklagten auf die H. F. AG keine Einwände bestehen. Damit muss aber auch der Gesellschaftswechsel von Herrn S. auf den Beklagten mit Einwilligung der Gesellschafterin B. geschehen sein, da ansonsten der Beklagte keinen Gesellschaftsanteil auf die H. F. AG übertragen kann.

Ein Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts haftet für die während seiner Mitgliedschaft entstehenden Salden aus einem Kontokorrentverhältnis. Bei einem Ausscheiden aus der Gesellschaft haftet er nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Höhe des hypothetischen Saldos zur Zeit des Ausscheidens (BGHZ 50, 277; BGHZ 26, 142). Nach dem Vortrag hat der Beklagte bereits am 26.07.1991 seinen Anteil auf die Firma H. F. AG übertragen. Ob dies tatsächlich der Fall ist, kann dahinstehen. In dem Kontoeröffnungsvertrag zwischen den Gesellschaftern der S. GbR und der Klägerin ist bestimmt, dass ein ausscheidender Gesellschafter für alle Verbindlichkeiten haftet, die bis zum Zeitpunkt der Anzeige des Ausscheidens entstanden sind. Zwischen der Klägerin und den Gesellschaftern der S. GbR war damit in zulässiger Weise eine Weiterhaftung über den Zeitpunkt des Ausscheidens eines Gesellschafters hinaus bis zur Anzeige dieses Ausscheidens gegenüber der Klägerin vereinbart. In diese rechtsgeschäftliche Vereinbarung ist der Beklagte eingetreten, indem er den Gesellschaftsanteil des Herrn S. übernommen hat. Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse daran, die Haftung so lange unverändert zu lassen, wie ihr ein Wechsel des Gesellschafters nicht angezeigt wird. Die Sicherheit eines Kontokorrentkredits, welcher den Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gewährt wird, beurteilt sich letztlich nach der Bonität der Gesellschafter. Tritt ein Gesellschaftswechsel ein, so ist die wirtschaftliche Grundlage weiterer Krediteinräumungen verändert. Die Bank muss prüfen, ob sie weitere Verfügungen im Rahmen des Kontokorrentverhältnisses zulässt. Gerade der vorliegende Fall, bei welchem nach dem Vortrag des Beklagten der Gesellschaftsanteil auf eine ausländische juristische Person übertragen wurde, zeigt, dass die Klägerin ein berechtigtes Interesse daran hat, eine Änderung der Haftungsverhältnisse erst mit einer entsprechenden Anzeige ihr gegenüber eintreten zu lassen. Hätte die Klägerin, der im übrigen auch das Ausscheiden der Gesellschafterin B nicht angezeigt worden ist, zu einem früheren Zeitpunkt Kenntnis davon gehabt, dass für entsprechende Kontoverfügungen nur noch eine juristische Person nach schweizerischem Recht haftet, hätte sie Anlass und Gelegenheit zur Prüfung gehabt, ob sie weitere Kontobelastungen über das ausdrücklich vereinbarte Limit hinaus weiter zulässt. Der Beklagte hat der Klägerin durch Schreiben vom 26.10.1992 – unter wahrheitswidrigem Verschweigen der nach Beklagtenvortrag bereits erfolgten Weiterübertragung an die H. F. AG – die Übernahme des Gesellschaftsanteils von Herrn S. angezeigt. Eine Übertragung seines Gesellschaftsanteils auf die Firma H. F. AG hat er erst durch Schreiben vom 12.06.1995 der Klägerin mitgeteilt. Somit befreit ihn eine Übertragung seines Gesellschaftsanteils auf die H. F. AG nicht von seiner Haftung gegenüber der Klägerin für die streitgegenständliche Forderung.


5.    Der Beklagte haftet außerdem für den bis zum 26.10.1992 entstandenen Kontokorrentsaldo, der in jedem Fall ebenfalls die Höhe der Klageforderung erreicht, auch deshalb, weil er Herrn S. gemäß § 5 des Treuhandvertrags von allen Ansprüchen freizustellen hat, die für Herrn S. aus seiner Gesellschafterstellung resultieren. Aus der vorhergehenden Darstellung ergibt sich, dass Herr S. der Klägerin gegenüber für den Kontokorrentsaldo vom 26.10.1992 haftet. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde sein Ausscheiden aus der Gesellschaft mitgeteilt. Durch die Abtretung des Freistellungsanspruchs an den Gläubiger wandelte sich dieser in einen Zahlungsanspruch um (BGHZ 71, 170).

 

IV.

Verzugszinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Bundesbankdiskontsatz (vgl. zur Zinshöhe BGH NJW 1995, 1954; BGHZ 115, 268) kann die Klägerin gemäß § 288 Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB erst ab dem 21.06.1995 fordern. Das Kündigungsschreiben der Klägerin vom 10.10.1994 hat Verzug noch nicht auszulösen vermocht, sondern erst die Fälligkeit des Kontokorrentsaldos herbeigeführt. Verzug trat gemäß §§ 284, 285 BGB erst mit Ablauf der durch Schreiben vom 16.05.1995 (Anlage K 18, Anlagenband I) gesetzten Frist ein.


V.

Die Kosten des Rechtsstreits fallen gemäß § 92 Abs. 2 ZPO dem Beklagten zur Last. Die Vollstreckungsanordnung beruht auf §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO. Der Wert der Beschwerde war gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzen.